Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 17. Band.1908
Seite: 218
(PDF, 165 MB)
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ALBERT VON KELLER <^=^

das zu demonstrieren. Diese Absicht kam in
so vollendetem Maße zum Ausdruck, daß etwas
wie ein Fluidum von dem Bilde ausgeht und
uns in seinen Bann zieht. — Goethe redet
schon in seiner Farbenlehre von solcher psychischer
Auslösung gewisser Farbentöne.

Die nächsten Jahre gehören dieser breiten,
wundersam zart modellierenden Malerei, für
die die beiden Akte (Abb. Jahrg. 1904/05 S. 363)
ein erstaunlicher Beleg nach der Seite des Kar-
nates sind. Auch zeigt Keller bereits seine Vorliebe
für die elegante Frau, die er, wie kaum
ein zweiter in Deutschland, schon als jugendlicher
Künstler aus dem ihr eigenen Stil heraus
zu malen verstand. Man sehe sich daraufhin
nur die Dame im blauen Ueberwurf und weißen
Kleid an (Abb. S. 1905/6, S. 333). Die Spitzen
fallen wie in kleinen Kaskaden einander überspringend
und schäumend herab; sie breiten
glänzend wie kräuselnde Wellen nach allen sich
Seiten; jede Falte wendet und wiegt sich beinahe
wie ein persönliches Wesen. Es ist nicht
bloß Leben, es ist Geist in einem solchen

Arrangement,erlesenerGeschmack und Freude
an der gesellschaftlichen Kultur.

Hundert andere wären mit diesem Erfolg
als einem endgültigen Resultat zufrieden gewesen
: Keller hatte nun eine künstlerische
Handschrift, die er virtuos hinschrieb; er
hatte in der modernen Weltdame ein dankbares
und einträgliches Feld der Darstellung.
So war es nur eine Frage der Zeit, wann auch
der Markt ihm günstig werde. Statt dessen
gab sich Keller ganz dem Don Juan-Wesen
des reinen Künstlertums hin: er malte nur,
was ihn freute und wie es ihn freute. Wohl
blieb er seinem Thema treu, aber nur aus
einem inneren Bedürfnis: die Herrin des
heutigen Salons interessiert ihn durch ihre
nervös sensible Art, durch die raffinierte Weise,
wie sie das Leben als Spiel und Genuß betreibt
, wie sie den Flirt zum Wesentlichen
macht, sich und andere hypnotisiert. Er genießt
die Eleganz ihres Liebesspieles, ihre berechnende
Nonchalance und kokettierende Unschuld
, wie ihr geheimes Augenspiel. Erschil-

ALBERT VON KELLER

DAME IN BLAUEM
FAUTEUIL (1874) «

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