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-^25> ALBERT VON KELLER
albert von keller kaiserin faustina im junotempel zu praeneste (1881)
dert das Prickeln ihrer zuckenden Bewegungen,
kennt ihre Vorliebe für verwegene Abenteuer
und deckt die dunklen Gänge ihres Unterbewußtseins
auf. Er ist all dem gegenüber
fast von wissenschaftlich berechnender Kraft
und Unmittelbarkeit — deshalb gibt er auch
die Dekadenz, die hinter all dieser glänzenden
und gleißenden Herrlichkeit
steckt, ja läßt
sie bis zum sinnlich
wahrnehmbaren Hautgout
in Farbe ausströmen
. Mit dieser
technischen Grundformel
hat Keller nicht
bloß einen Typus geschaffen
von kulturgeschichtlichem
Wert
und Interesse, er hat
auch die künstlerische
Formel gefunden für
etwas, das sich anders
nicht darstellen läßt.
Was schon in „Chopin
" anklang, ist seit
den achtziger Jahren
immer vielseitiger, raffinierter
, geistvoller
und aparter geworden
; in den neunziger
Jahren hat es sich bis
zur Gourmandise, mit
ihren Unter- und Zwischengefühlen
gesteigert
- albert von keller
Hierzu verwendet Keller auch gern als ergänzendes
Element den Komfort des modernen
Salons und Boudoirs mit ihren betäubenden
Parfüms, ihrer schummerigen Beleuchtung
und dem ganzen Apparat von Kissen, Fellen,
Behängen, Teppichen. Das eine Mal dient ihm
dies alles, um das Wesen der Dargestellten
zu heben, das andere
Mal wird es zu einer
von ihr ausgehenden
Atmosphäre. Keller
schwelgt geradezu in
den Farbenmenüs solcher
Stilleben; er häuft
in einer Sofaecke oft
mehr Ton werte auf als
ein anderer in einein
ganzen Bild zu vergeben
hat. So wirken
zahlreiche dieser Werke
wie Buketts von
narkotisch-exotischen,
stark gewürzreichen
Blumen — zugleich
sind sie Ausschnitte
aus dem Highlife. Wir
nennen in diesem
Sinne: „Siesta" (Abb.
1896/97, S. 195), das
„Trio" (Abb. 1898/99,
S. 328), „Erwartung",
den „Porträtmaler"
(Abb. S. 219), „Beim
Tee" (Abb. S. 224) —
bildnis (1885) die „Tänzerin" (Abb.
220
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