Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 17. Band.1908
Seite: 225
(PDF, 165 MB)
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^=^> ALBERT VON KELLER <^=^

Auch hiefür hat Keller eingehende Naturstudien
gemacht; aber nicht um sich an die
Natur zu verlieren. Er wird überhaupt nie
zu ihrem bloßen Kopisten; er übersetzt sie,
setzt sie in seine Persönlichkeit um, ordnet
sie seinen Gedanken und Empfindungen ein.
Keller hat zu viel persönliche Kultur und
Freude an der Kultur, als daß er Naturalist
sein könnte. Er hat auch zu viel Fähigkeit,
sich selbst etwas Ebenbürtiges zu schaffen, als
daß er es notwendig hätte, die Wirklichkeit
nachzuahmen.

Er nimmt aus allen Erscheinungen nur die
Essenzen für die eigenen Schöpfungen; dadurch
erhalten diese oft etwas scharf Aromatisches
, das auch noch auf andere Sinne
in uns wirkt. In dieser Auswahl gebraucht
Keller auch die Errungenschaften des Impressionismus
, vor allem dessen Fähigkeit, das
Momentane unmittelbar darzustellen, die farbige
Oberfläche der Welt lebendig wiederzugeben
und das Licht in seinem tausendfachen
Spiel auf die Leinwand zu zaubern. Gerne
macht der Künstler solche Probleme zum
Selbstzweck seiner Bilder, wie er überhaupt
nach alter Alchimistenart eine besondere Vorliebe
für den metallischen Glanz und huschendes
Leuchten hat.

Auch die Landschaft ist ihm nur Dekorationsmittel
, Kulisse — so in dem glänzenden Parisurteil
(Abb. S. 231), wo die blühenden Bäume
und Sträucher zur arkadischen Feenszenerie
einer Zauberoper werden. Ein andermal dient
sie nur als Trägerin seiner Farbenphantasien.
So wogt im „Herbst" (Abb. S. 232) um den
frierenden, kupferigen Leib des einsamen
Mädchens der rostbraune stürmische Wald
wie eine Fuge.

Immer ist Keller die Wirklichkeit nur Anregung
, nie Versuchung zur Kopie. Niemals
opfert er sein Ich, wohl aber bereitet er seiner
modern sensiblen Seele aus allen Erscheinungen
, die ihn locken, Feste von raffinierter
Nuance. Im letzten Grunde malt Keller alles
für sich selbst. Deshalb macht er auch keine
Konzessionen an das Publikum, noch an irgendwelche
Auftraggeber oder Kunsthändler.
Dadurch wird ihm die ununterbrochene Arbeit
zu stets neuem Genuß: es ist dies seine
Art, das Leben zu erleben.

Wie unverbraucht Kellers Kraft, wie jugendfrisch
der Zweiundsechzigjährige noch seine
Palette meistert, zeigen die sechs großen
Bilder aus dem letzten Jahre (s. die Abbildungen
S. 238, 239 u. gegenüber S. 224).

Wenn Hevesi gelegentlich einer Wiener
Ausstellung von Kellers Werken im Jahre 1894
meinte: „A. v. Keller gehört zu den interessantesten
Erscheinungen der Secession . . .
Er geht keinem Abenteuer aus dem Wege.
Sein Aschermittwoch wird schon kommen und
ihn, wie manchen anderen, zum bequemen
Reaktionär machen", so hat er sich gründlich
getäuscht.

A. v. Keller fehlt alle Anlage und jeglicher
Wille zum Reaktionär; er ist abenteuerlustig
wie je und überläßt den Aschermittwoch
den Jungen.

GEDANKEN ÜBER KUNST
Je mehr man weiß, desto mehr vereinfacht man.

A. Stevens

Das Lächeln ist schwieriger auszudrücken als
die Tränen. A- Stevens

Aller Fortschritt entspringt der Empfindung des
Ungenügens.

ALBERT VON KELLER BLONDINE (18S8)

Die Kunst für Alle XXIII.

225

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