Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 17. Band.1908
Seite: 242
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BEURONER KUNSTSCHULE

KARTON ZU EINEM MOSAIK IN DER
KRYPTA VON MONTE CASSINO (1904)

Aber es fehlten die Aufgaben, wie so oft,
und so lagen die Kräfte brach und verloren sich.

Peter Lenz und Jakob Wüger kannten sich
schon seit 1851, als beide in München studierten
. Sie waren sehr verschieden veranlagt.
Lenz war hauptsächlich Bildhauer, obgleich
er sich an allem erprobte, an Architektur und
Kleinkunst besonders. Er liebte vor allem
die frühgriechische Kunst. Nichts ergriff ihn
mehr als die Aegineten und die wenigen ägyptischen
Statuen, die er in München zu sehen
bekam. Was ihn anzog, war Stil.

Wüger, ausschließlich Maler und besonders
Zeichner, liebte die großen Venetianer und
alle echten Maler. Was ihn anzog, war die
Natur und die mehr direkte als stilisierte
Wiedergabe derselben.

Und beide hatten sich sehr exklusiv in
ihrer Begabung entwickelt.

In Rom waren sie später Männer geworden,
sittlich und künstlerisch gereift. Beide waren
treue Katholiken, Wüger Konvertit. Einige
Jahre war Lenz Professor in Nürnberg gewesen
, hatte aber durch Cornelius ein Stipendium
für Rom bekommen. Da studierte
er seine lieben Griechen und noch lieberen
Aegypter. Zahllose Pausen machte er nach
den alten Vasenbildern und Reproduktionen
der ersten Funde aus dem Pharaonenlande.

Als die Stipendienzeit um war, ging er 1864
mit diesem Schatz nach Schlanders in Tirol,

hoch oben im Gebirg, wo er Leiter eines Steinbruches
wurde. Da lebte er zwei Jahre in
einer Holzhütte mit seinen Pausen an der
Wand, das Moosbett und den Pulversack in
einer Ecke und den Ofen in der anderen. Nur
hie und da kam ein Tourist, dem er sein
Nachtlager anbot, der morgens dann wie gerädert
vom harten Lager aufstand. Hier wurde
Lenz zu der künstlerischen Persönlichkeit,
als die wir ihn heute kennen, und hier schrieb
er seinen schönen Aufsatz*), der seine Kunstideen
enthält, und den er aus Dankbarkeit für
die Stipendienjahre samt einigen Photographien
dem preußischen Minister schickte, der natürlich
nie antwortete. Hören wir einen Passus
aus einer seiner späteren Schriften:

. . . Die Kunst war lediglich Sache des individuellen
Beliebens, der subjektiven Laune, des Zeitgeistes
und der Mode geworden, ohne festes Formprinzip
in sich, steuerlos dem Naturalismus und
Individualismus preisgegeben, in die ganze Veränderlichkeit
seiner Faktoren mit hineingerissen.
Verloren gegangen waren die festen Form- und
Sprachprinzipien, die bleibenden typischen Elemente
der alten Kunst, welche durch Jahrhunderte
und Jahrtausende unverrückt blieben, die ewigen
Gesetze der Natur, welche die Kunst dirigierten,
adelten, individuelle Schwachheit, Unbeständigkeit,
Kleinheit zu sich erhoben. Der einzelne war lediglich
auf sich selbstgestellt, ohne festen objektiven
Standpunkt gegenübergestellt der Natur mit ihren

*) Siehe die kleine Schrift: »Zur Aesthetik der
Beuroner Kunstschule.« Wien, Wilh. Braumüller.

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