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fast feierlich: „Cette nuit fut divine comme
tant d'autres, plus que toutes les autres — et
le jour se leva radieux." —
Fast zwei Jahre hat Gauguin auf Tahiti zugebracht
. Dann rufen ihn Familienrücksichten,
wie er sagt, zurück — er nimmt Abschied von
der Insel, die ihm das gegeben hatte, was er
brauchte, „vieilli de deux ans, rajeuni de
vingt ans, plus barbare, qu'ä l'arrivee et bien
plus instruit." Am 30. August 1893 landet
er wieder in Marseille — mit vier Franken in
der Tasche und doch voll stolzer Zukunftshoffnung
. Das Ergebnis ist bekannt — das
tiefste, was er zu sagen hatte, blieb völlig
unverstanden; außer ein paar Freunden, die
selbst Maler, fand er nirgends auch nur das
leiseste Verständnis. Seinem Buche erging
es nicht anders. Charles Morice erzählt in
der Einleitung nicht ohne Bitterkeit, wie für
eine ganze Reihe von Verlegern schon die
bloße Abwechslung von Vers und Prosa genügte
, um das Werk abzulehnen. Zuletzt erschien
es in „La plume" — der gleiche Verlag
brachte auch die Buchausgabe heraus, von
der bis heute die zweite Auflage vorliegt. Jetzt
endlich ist eine deutsche Uebersetzung, wenigstens
der von Gauguin selbst herrührenden
Teile des Buches im Erscheinen begriffen. Zu
wünschen wäre, daß sie eine dem Werte des
Werks entsprechende Aufnahme fände — oder
besser noch, zur Lektüre des Originals selbst
verführte. Denn außer den Tagebüchern
Delacroix', den Briefen van Goghs und dem
Vermächtnis Feuerbachs, gibt es nicht viel,
was sich diesem „Malerbuch" an die Seite
stellen kann — und vielleicht übertrifft es
die andern sogar noch, weil es in der Hauptsache
— vor allem heute — nicht nur von
artistischer, sondern von allgemein kultureller
Bedeutung ist.
VON AUSSTELLUNGEN
UND SAMMLUNGEN
FRANKFURT a. M. Frankfurt steht jetzt unter dem
Zeichen Fritz Böhle's! In den Ausstellungsräumen
des Städelschen Instituts ist eine Ausstellung
von Gemälden Böhles veranstaltet worden, die zum
ersten Male einen Einblick in das malerische Schaffen
des Künstlers gewährt. Seitdem spricht ganz Frankfurt
von Böhle, und man kann die Beobachtung machen,
daß die in künstlerischen Dingen sonst so apathische
Stadt von dieser Ausstellung wie von einer Sensation
ergriffen ist! Im Automobilklub und in der »Aeppel-
wein«-Kneipe muß derselbe Böhle, der der Oeffent-
lichkeit abhold ist und in bewußter Zurückhaltung,
in der Stille arbeitet, als allgemeiner Gesprächsstoff
dienen. Der Eindruck, den diese Vereinigung von
etwa 30 Gemälden des Künstlers bietet, ist in der
Tat ein gewaltiger. Denn wie auch der einzelne dieser
Kunst gegenüber stehen mag, ablehnend oder bewundernd
, — vor dieser Klarheit des künstlerischen
beuroner kunstschule « entwurf zur e l i s a b e t h - g e d ä c h t n i s k i r c h e zu wien (1897)
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