Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 17. Band.1908
Seite: 278
(PDF, 165 MB)
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Varia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Public Domain Mark 1.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_17_1908/0338
-sr^> FRANZ MATSCH ~C^=^

F. MATSCH « RELIGIONSGESCHICHTE (1905)
Deckengemälde für die Wiener Universität

durchgeistigten Frauenkopfes, der ihm als Modell
dient, umwandelt, neu organisiert und
retuschiert zum Haupte einer „Aspasia".

Und hier liegt das wesentliche Moment
im Schaffen Matsch', der Urgrund seines
künstlerischen Systems. Er handelt ganz
sichtbar nach dem Gesetze Goethes und
greift mitten hinein in den Alltag, ins graue
oder lichte Dasein, um sich seine Motive zu
holen. Hat er sie einmal, dann unterzieht
er sie jenem Läuterungsprozeß, den man
Stilisierung nennt. Die Richtung, die Matsch
dabei einhält, der Stil, den man als den
seinen bezeichnen kann, ist in der Hauptsache
klassizistisch und antikisierend, und
zwar eher der primitiven, puristischen als
der überreifen Antike zugewandt. Es ist
wohl nicht ohne Einfluß auf die grundlegenden
Anschauungen des jungen Künstlers gewesen
, daß gerade in seiner Lehrzeit Hausen
in Wien wirkte, der in seinen Bauten auf
die Urhellenik zurückgriff, und daß Matsch
in den Studien zu seinen Arbeiten für die
Kaiserin die Figuralik der alten griechischen
Kleinplastik, der Vasenbilder etc. genau kennen
lernte. Diese beiden Elemente, den gesunden
Verismus seiner eigenen, praktischen
Zeit und die im Streben nach Würde, Pathos
und Erhabenheit nicht selten erstarrende Stilisierung
des frühen Altertums hat Matsch mit
der sorglosen Zuversichtlichkeit des richtigen,
auf sich vertrauenden Künstlers vereint und

damit seinen Stil geschaffen, den man etwa
als einen modernisierten Klassizismus bezeichnen
könnte. Daher kann man bei ihm
wohl auch eine weibliche Figur sehen, die
eine hochmoderne französische Figur trägt,
aber die Haltung einer antiken Statue beobachtet
und den strengen Gesichtsausdruck
der Pallas zeigt; daher ist seine Wolter auf
beiden Bildnissen, die er von dieser Künstlerin
gemalt hat (Abb. S. 281), sowohl die
Sappho, die sagenhafte lesbische Dichterin
selbst, wie die neuzeitlich - antik kostümierte
Schauspielerin. Der oberste Vorteil, den diese
Mischung für sich hat, besteht darin, daß
sie Matsch hindert, sich im Ueberschwange
des Pathos zu verirren. Und wenn die Gegenstände
seiner Schilderung noch so ideologisch
und weltentrückt sind: nie wird er
den Boden eines gesunden Realismus völlig
verlassen.

Natürlich hängt es von seinem Thema ab,
welchem von seinen Grundelementen Matsch
die Vorherrschaft einräumt. In seiner Grabplastik
, dem Denkmal der trauernden Mutter
über dem Kinde, ist das Klassische fast auf
die Stelenform beschränkt und alles übrige
freier, plastischer Empfindungsausdruck, in
welchem man den Impuls der Gemütsbewegung
ebenso deutlich wahrnehmen kann wie
etwa bei Bartholome (Abb. S. 277). Gleich
diesem ist ja auch Matsch sein eigener Lehrmeister
in der Plastik gewesen und hat es

278


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_17_1908/0338