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^=4^> DIE KRAKAUER „SZTUKA" -C^=^
Helligkeit umflutet, die seiner gebieterisch über
das Haupt erhobenen Rechten entströmt. Viele
andere monumentale Kompositionen sind Entwurf
geblieben, so daß sie nur eine ungenü-
gendeVorstellung von dem ekstasischen Farbenwesen
erwecken, das jene düstere Klosterkirche
wundersam durchflammt. Doch nicht minder
intensiv sind die am häuslichen Herd entstandenen
Pastelle (Abb. geg. S. 296 u. S. 302),
deren einem durch den Titel „Maternitas"
ein verallgemeinernder menschlicher Bezug
verliehen ist. Wyspianski kannte die naive
Kindesseele ebensogut wie er den satanisti-
schen Dichtergeist eines Przybyszewski bloßzulegen
wußte (Abb. S. 297). Als Bühnenautor
hat er nicht nur für den Theaterschneider
Figurinen gezeichnet, sondern für die Schauspieler
mit dem Stift Szenen aus seinen Dramen
festgelegt, wie z. B. für den Darsteller des
Soldaten in dem Schauspiel „Warszawianka",
der wortlos nach der Schlacht bei Grochow
eine Schauerkunde überbringt. Wenn er die
Ilias zur Erholung las, war ihm oft eine Zeile,
oder auch nur ein beziehungsreiches Wort
der Anlaß zu einem Blatt, das mehr als eine
Illustration ist (Abb. S. 290 u. 293). Saß er,
krank ans Zimmer gefesselt, beim Fenster,
so bot ihm die Aussicht nach dem Kosciuszko-
Hügel in den verschiedenen Tagesstimmungen
hundertfältige Anregung. Auch hier spürt man,
ohne sich in Kenntnis seines Lebensganges
Sentimentalitäten einzureden, Wyspianskis
Dichtersehnen, das den Nerv seines gesamten
Schaffens bewegt.
■ Neben jenen Führern auf dem Wege zu
einer modernen polnischen Kunst sind die
Mithelfer diesmal etwas zur Seite getreten.
Leon Wyczolkowski, ein energisches Naturell
, das man ganz Malerfaust nennen möchte,
weist Blumenstücke von schwerer Pracht auf
und nationale Heiligtümer aus dem Krakauer
Dom. Ferdynand Ruszczyc beschränkt sich
diesmal darauf, die feinsten Schwebungen
der Beleuchtung in Interieurs wiederzugeben
(Abb. S. 306), aus denen es uns wie bei
der Lektüre der neuromantischen Seelendeuter
anweht, wenn Vergangenes nachklingt.
Ebenso sensitiv ist Jozef Pankiewicz, dem
die französische Kultur zu einer besonderen,
allen Gegenständen angediehenen Vornehm-
ST. WYSPIANSKI f
ILLUSTRATION ZUR ILIAS: DIE SEELEN DER HELDEN
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