Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 17. Band.1908
Seite: 304
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«b-4^> DAS GESETZ DES STILWECHSELS IN DER KUNST <^=^

verkehrt, die Impressionisten als krasse Naturalisten
zu bezeichnen. Sie sind im Gegenteil,
wenigstens als Techniker, ausgesprochene Idealisten
oder Stilisten. Denn die Zerlegung der
Farbenfläche in lauter mosaikartig nebeneinandergesetzte
Flecken entspricht ja keineswegs
der Natur, dient z. B. gerade nicht der Raumillusion
, sondern bannt vielmehr die Phantasie
des Beschauers an die Fläche. Aesthetisch läßt
sich dagegen durchaus nichts einwenden.
Denn ein Bild ist ja tatsächlich eine Fläche.
Das Prinzip der ästhetischen Illusion fordert
ja nicht, daß der Beschauer an Stelle einer
Fläche wirklichen Raum sieht, sondern daß er
in die Fläche die räumliche Vertiefung hineindeutet
. Mit anderen Worten, daß er sowohl
den Raum kraft der illusionserregenden
Elemente — als auch die Fläche — kraft
der illusionsstörenden Elemente —wahrnimmt.
Die Möglichkeit des ästhetischen Genusses
besteht, speziell mit Bezug auf das Raumproblem
, darin, daß man trotz der Wahrnehmung
der Fläche doch, je nach Einstellung
der Augen und des Bewußtseins, sich
in die Vorstellung der räumlichen Vertiefung
versetzen kann. Gerade der Impressionismus,
der sonst in ganz naturalistischer Weise die
zufällige Erscheinung der Natur nachahmt,

das Vorübergehende und Häßliche unterschiedslos
darstellt, braucht ein Gegengewicht
in Gestalt einer solchen idealistischen konventionellen
Technik. Mit Recht hat mir kürzlich
ein bedeutender Maler der Gegenwart, der
als Kenner des Impressionismus bekannt ist,
geschrieben, es gäbe keine bessere Bestätigung
der Illusionstheorie mit ihren zwei Vorstel-
ungsreihen als den Impressionismus, der mit
den „denkbar unrealistischsten" Mitteln die
denkbar größte Naturwahrheit erzeuge.

Auffallend ist ferner, einen wie großen
Wert die moderne Malerei auf die scheinbar
längst überwundenen Formen der Symmetrie
und Reihung legt. In der Renaissance beobachten
wir ein allmählich immer stärkeres
Sichloslösen von der gebundenen byzantinischen
Komposition der Apsismosaiken und älteren
Altarbilder, die konsequente Ausbildung
eines immer freieren, malerischen Stils. Heutzutage
: Rückkehr zum Byzantinismus auch auf
diesem harmlosen Gebiete. Man denke sich,
Menzel hätte seine Bilder, abgesehen natürlich
von seinen Gratulationsadressen, symmetrisch
komponiert. Schon der Gedanke hat
etwas Lächerliches. EsgibtnichtswenigerDeko-
ratives als seine Illustrationen zu der Geschichte
Friedrichs des Großen oder seinen

STANISLAW KAMOCKI

LANDHAUS IM HERBST

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