Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 17. Band.1908
Seite: 308
(PDF, 165 MB)
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Varia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Public Domain Mark 1.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_17_1908/0376
-*^> VON AUSSTELLUNGEN ~(^^

des tätigen oder leidenden menschlichen Körpers,
von denen man fühlt, sie seien nur der Anfang einer
Reihe, die der Künstler ins Unendliche fortsetzen
könnte. Augenblickliche Bewegungen gewinnen hier
Dauer, die Mimik der Glieder sagt alles durch scheinbarlässige
Umrisse, die einen Zusammenhang mit der
Umwelt durch ungefähr darübergelegte Farben gewinnen
. Will doch Rodin auch seine Plastiken in Stein
mit der Luft, durch die sie leben, sichtbarlich verbunden
machen. Nur wenn man diesen seinen Stil kennt,
wird man die Zeichnungen und das an ihrer Existenz
Befremdliche verstehen. — Bevor noch die Krakauer
»Sztuka« ihre Heerschau in den Räumen des »Hagenbunds
< entfaltet hatte, war in dem Saal bei Pisko
die von jener Vereinigung unabhängige -»Krakauer
Fünfer-Gruppe« eingezogen. Als Maler und Erfinder
ist Vlastimil Hofman das stärkste Talent, ein
Phantast, der übers Feld geht und dabei ihm begegnende
seltsame Erscheinungen weiterdeutet, Bettelvolk
und Wegkreuze, Engelkinder und mühselige
Erdenpilger zu symbolischen Bildern werden läßt.
Erinnert er, oft skurril, an Malczewski, so zeigt sich
Jan Rembowski in seinen dekorativ starklinigen
Porträts und Kartons als dem Einfluß Wyspianskis
unterworfen. Daß Tymon Niesiolowski zu der
Unbeholfenheit seiner Oelgemälde ohne die Kenntnis
Gauguins gelangt sei, ist schwer zu glauben.
Die Porträts von Leopold Gottlieb mit ihrem
trüben, dünnen Farbenauftrag opfern alles der charakteristisch
übertreibenden Kontur; ein Gegenstück
zu diesem gröblichen Zerrbildner führt Mieczyslaw
Jakimowicz in ein mystisches Schattenreich durch
zartgraue, nebelhaft fließende Federzeichnungen,
meisterliche Blätter, aus deren sordinierter Heimlichkeit
die Kunde von melancholischen Seelen dringt.
Seinen fünf Landsleuten hat sich der Bildhauer
Stanislaus Lewandowski mit einer Kollektion
formgewandter Arbeiten angeschlossen. — Die Galerie
Miethke beherbergt gegenwärtig eine Ausstellung des
Wiener Photo-Klubs; während der zehn Jahre seines
Bestandes ist er auf allen Gebieten der Kamerakunst
zu immer neuen Errungenschaften vorgeschritten
, soeben auch zu Autochromaufnahmen. Vorher
waren dort Richard Pollak-K arlin, ein auf Wiener
Ausstellungen schon wiederholt erprobter Porträtist
von diskreter Natur, der alle lauten Farben angenehm
dämpft, und Maria Slavona (Paris) eingekehrt
. Nach einem mehrjährigen Aufenthalt in seiner
Vaterstadt Czernowitz hat sich nun Alfred Offner,
seit seinen in der »Secession« gegebenen Proben
noch gewachsen, hier niedergelassen. Die entscheidende
Schulung erfuhr er in München durch Her-
terich; darum konnte sich in ihm der Sinn für die
sinnlich schöne Farbe ungehindert entwickeln, ein
Vorzug, zu dem sich die bei Impressionisten nicht
eben häufige Sorgfalt der Zeichnung gesellt und ein
alle koloristisch kühnen Aufgaben gut abwägender
Geschmack. — Dem Kunstverein, der seit seinem
Wiedererwachen noch immer eine erfolgreiche »Mission
« sucht, haben drei Wiener Künstler dazu ver-
holfen, indem sie, außerhalb aller statutarischen Ausstellungen
stehend, auf eigene Faust sich dort einmieteten
. Bei ihren sehr verschiedenen Begabungen
auch voneinander unabhängig, setzten sie ein bisher
verborgenes Talent mit einem Schlage durch. Fritz
Lach breitet eine Folge seiner Landschaften in
>reiner< Aquarellfarbe aus, glücklich die spitzpin-
selige Tiftelei zugunsten eines breiteren Vortrages
überwindend. Neben Lachs Glätte trittdie Urwüchsigkeit
J. M. Kupfers umso auffallender hervor; man
erkennt den Autodidakten aus dem Unausgeglichenen
der mitunter harten Pinselführung, dafür packt aber
das Unmittelbare der Anschauung. Diese Schilderungen
aus dem Wiener Leben, die urtümliche Typen
und besonders gern das Treiben in den Weinschän-
ken, im Prater und bei den Volkssängern aufsuchen,
haben dokumentarischen Wert. Als das >Ereignis
der Saison« wird Viktor Müller gepriesen, und
in der Tat sieht sich die Wiener Künstlerschaft um
einen Maler bereichert, der unbekannt in ihrer Mitte
ein Jahrzehnt hindurch scheu und fleißig geschaffen
hat, ohne je Versuche oder tastende Erstlinge in
die Oeffentlichkeit zu schicken. Schon deshalb darf
man Viktor Müller ein »Phänomen« heißen. In
ihm ist uns, durch gewisse Naturbeseelungen moderner
als sein früh verblichener Namensvetter, ein
Märchenerzähler, ein neuromantischer Fabulierer erstanden
, der freilich nichts absolut Neues ausheckt;
die Münchner könnten ihn als einen der Ihren anerkennen
; aber er ist sensitiver bei voller Empfindensgesundheit
. Eine »Panthersphinx«, der »Eichhörnchenkönig
«, Szenen aus >Don Quixote«, »Poly-
phem« und »Kassandra«, die heimatlichen Landschaften
, sollen gelegentlich bei besserem Lichte
eingehend betrachtet werden. k.

W/EIMAR. Das Großherzogliche Museum für
Kunst und Kunstgewerbe brachte in seinem
Oberlichtsaal eine Porträt-Ausstellung von Professor
Joseph Koppay in Wien. Dieses gemalte Panop-
tikon wird alle diejenigen mit Entzücken erfüllen,
welche von einem Gemälde alles mögliche, nur um
Gotteswillen keine Wahrheit verlangen. Erfrischend
wirkt dagegen die Schwarz-Weiß-Ausstellung der
Freien Vereinigung Weimarer Künstler, wenigstens
in ihren Hauptdarbietungen. Eine strengere Sichtung
wäre freilich dem Gesamteindruck dringend zu
wünschen gewesen. Unter den Figurenmalern fällt
besonders Bernhard Bock auf, der seine Motive
aus den Wohn- und Arbeitsstätten kleiner Leute holt
und mit feinster Beobachtung und hervorragendem
Können wiedergibt. Gegen Bock haben selbst die
besseren Aussteller der Freien Vereinigung einen
schweren Stand. Hermann Schütz erfreut wieder
durch seinen Humor, obgleich wir bereits bessere
Arbeiten von ihm kennen. Zu nennen ist ferner
Paul Rosner und auch Arno Metzeroth mit
seinen packenden phantastischen Illustrationen.
Unter den Landschaftern gebührt Max Merker und
Franz Bunke der erste Platz. Eine Kollektiv-Ausstellung
von Richard Lorenz aus Milwaukee
brachte der rührige Thüringer Ausstellungsverein
bildender Künstler. Lorenz, der noch aus der Schule
des Altmeisters Albert Brendel hervorgegangen ist,
hat lange Jahre in Amerika gelebt. Manches interessante
stimmungsvolle Blatt befindet sich in der
reichhaltigen Sammlung. Amüsant sind auch die
Porträts verschiedener Rothäute. Alles Landschaftliche
und Figürliche wird aber überragt von den
Pferdebildern. Hier zeigt Lorenz sein volles Können,
sowohl in zeichnerischer als auch in malerischer
Beziehung.

"PvARMSTADT. In das öde Einerlei der Kunst-
*^ Vereinsausstellungen ist im Februar nach langer
Wartezeit einmal etwas Abwechslung hineingetragen
worden. Der Stuttgarter Künstlerbund bot eine schöne
Kollektion frischer und erfreulicher Bilder, unter
denen die Landschaften von Karl Schickhard und
Erwin Starker hervorragten. Außerdem interessierte
der Münchener Gino Parin mit seinen
grotesken Figurenbildern und einigen Porträts, doch
vermochten deren koloristische Feinheiten den Eindruck
des Gesuchten und absichtsvoll Dekadenten
nicht zurückzudrängen. Die einheimische Malerin
Anna Beyer hatte mit neuen Landschaften, Bild-

308


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_17_1908/0376