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DIE FRÜHJAHRSAUSSTELLUNG DER MÜNCHENER SECESSION
innerlichen Stil haben, Hermann Pleuer in
Stuttgart einen Bahnhof bei schmelzendem
Schnee, ein Werk, das innerlich ergreift in
seiner düsteren Werktagspoesie. Ungewöhnlich
viel Gutes ist auch unter den Interieurs.
Der schon erwähnte Eugen Wolff, dann der
ebenfalls hochbegabte Josef Kühn jun., Burger
-Mühlfeld (Augsburg), Fritz Hass und
Maria Laumen sind da in erster Linie zu
rühmen. Als eine neue Kraft, auf die man
wird achten müssen, präsentiert sich Julius
Hess, ein Kolorist von oft eigenartig gedämpften
, aber reichen und schönen Harmonien
, wie in dem Damenbildnis und dem Stillleben
; seine „Kornfelder" in schwüler Erntestimmung
zählen zu den ganz guten Landschaften
der Ausstellung. Pauline Eigner
FRANZ VON STUCK MANNLICHER AKT (ZEICHNUNG)
Friihjahrsausstellung der Münchener Secession
gibt drei fast gleichwertige Proben ihrer starken
, flächigen, auf Trübners Schule fußenden
Malerei in einer ausgezeichneten Landschaft
in dunkler Märzabendstimmung, einem farbenprächtigen
Apfelstilleben und einem großzügig
hingesetzten Mädchenkopf. Aus Paris,
wohl aus der Schule von Lucien Simon, hat
Helene von Beckerath ein Bild „Im Altweiberhaus
" mit lebensgroßen Figuren geschickt
, das in Strich und Kolorit und Charakteristik
der vielen Figuren überraschende Energie
und sicher eine reiche Begabung zeigt,
wenn auch hier vielleicht noch der Einfluß
des Meisters unmittelbar hinter der Leistung
steht. In schlichterer Farbengebung, aber mit
nicht geringer Wirkung stellt G. J. Buchner
in seinen beiden Bildern dunkle Figuren gegen
den hellen Hintergrund einer Wasserfläche
, August Fricke schildert in prik-
kelnder flimmernder Beleuchtung ein
paar Damen, die an einem heißen Sommertag
im Schatten ruhen. Theodor
Esser in verwandter Stimmung einen
Bauern, der im Schatten seines Hofes
Kränze aus „Daxen" windet, Hermann
Pampel ein paar Seegrasspinnerinnen
im Arbeitsraum. Die Akte im Freien,
die Carl Hans Schräder-Velgen darstellt
— hier badende Jungen, dort ein
dralles Mädchen im Baumschatten —
sind von gediegener Zeichnung und Modellierung
; daß ihre Malerei ein wenig
schwer und materiell sich ausnimmt,
liegt wohl auch zum Teil an dem aufgezwungenen
Vergleich mit den unübertrefflich
duftig gemalten Akten Landen-
bergers. Eine erfreuliche Talentprobe
ist die lebensgroße Gestalt einer spanischen
Chansonette auf ihrem Podium
von Walter Schnackenberg, die in
den luftigsten und leuchtendsten Farben
breit heruntergemalt und auch in ihrer
halbweltlichen Menschlichkeit treffend
gekennzeichnet ist. Rudolf Riemer-
schmid bringt mit gerade entgegengesetzten
Mitteln eine italienische Schöne
„Unter dem Torbogen" (Abb. S. 342),
ebenfalls zu auffallend charakteristisch
zur Erscheinung. Seine sorgfältige, geduldige
Art, mit Temperafarbe mehr
zeichnerisch strichelnd zu arbeiten, ist
bekannt.
Als neuer begabter Tiermaler tritt
Alfons Purtscher auf, der ein Quartett
befreundeter Hunde in voller Lebendigkeit
konterfeit hat, Julius Seyler
malt Kühe in landschaftlicher Umgebung
mit markigem Pinselstrich in fetter
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