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aus den Entwürfen für religiöse Bilder und aus
einigen frühen Porträts erkennt man den Weg, den
er mitten durch akademische Einflüsse und nach
Ueberwindung des glatt gefälligen Rokoko zur malerischen
Freiheit nahm. Diese seine Herkunft läßt
uns das sorgfältig schöne Bildnis des Matadors, des
berühmten Stierkämpfers Pedro Romero (1780) verstehen
. Hier braucht man ebensowenig wie bei der
aus demselben Jahr stammenden Marquesa de San
Andres an Velasquez und an Rembrandt zu denken,
die man später bei im Ton vornehmen oder durch
ein farbiges Helldunkel ausgezeichneten Bildern zum
Vergleich heranzieht. Da ist auch Goya, der Hofmaler
, in seiner ehrlichen Künstlerschaft zu bewundern
, da er es deutlich merken läßt, wo sich
seine Vorliebe als Maler gütlich tat, während er das
bourbonische Königspaar trotz den Insiginien als
sehr vulgäre Menschen hinstellte. So recht aus der
folgenden stürmischen Zeit sind die zwei Bildchen
»Die Füsilierung« und »Der Gehenkte« geboren,
grausige Szenen aus dem Volksaufstand gegen die
napoleonische Invasion. Sie zeigen den Agitator
und Patrioten Goya, dessen nationalen Charakter
die im Maßstab ungewöhnlich großen Gestalten des
Bildes »Manola, von Häschern festgenommen« erweisen
; die reizende weibliche Hauptfigur, von einer
Blendlaterne scharf beleuchtet, hat ungetrübt ihre
Helligkeit bewahrt. Abseits von den übrigen Porträts
und von den wirbeligen Phantasiestücken des
Graphikers, die Krone der Ausstellung: das Bildnis
der Donna Cean Bermudez. Die Freiheit der Pinselführung
gibt spielend leicht und sicher alles Stoffliche
des absonderlichen Kostüms, wie auch des
Antlitzes und des bloßen Armes wieder, der Farbengeschmack
bringt ein klares Blau, ein durchsichtiges
Seegrün, wenig Weiß und einen starken Akzent von
Rot zu neuem wohligen Zusammenklingen. Die
malerische Weisheit Goyas entfaltet hier ihre ganze
Pracht. — Nur angezeigt sei für heute, daß im
Künstlerhaus eine >österreichische Jubiläums-Ausstellung
« auch eine wichtige retrospektive Rundschau
vorführt; ein ausführlicher illustrierter Bericht darüber
und eine Würdigung dessen, was die Secession
heuer darbietet, wird demnächst folgen. k.
1V/IÜNCHEN. Der Kunstverein enthielt in sei-
ner letzten Ausstellung mehrere interessante
Kollektivausstellungen von Albert Lang, Richard
Pietzsch und Frau Langenbeck-Zacha-
riae. Ueber Albert Längs Schaffen konnte die
»K. f. A.« im Maiheft 1904 berichten. Lang erfaßt
jedes Ding in seiner eigenen Form und Gestalt, in
seinem malerischen Reiz und Zauber, sei es nun
ein Blumenstrauß, eine Landschaft, eine Figur oder
ein Bildnis. In seinen eminent malerisch gesehenen
Landschaften stellt er das Räumliche mit überzeugender
Kraft und Klarheit dar; bei seinen Figuren in
der Landschaft erscheint die Form des Körpers in
fast plastischer Rundung und dabei ist doch alles
bildmäßig gesehen und verarbeitet. Man fühlt die
unmittelbare Nähe der Natur; das Auge ergötzt sich
an der Schönheit der Arbeit, an der Ruhe und Abgeklärtheit
der ganzen Erscheinung. »Man meint,
Längs Bilder müßten alle an einem schönen Sonntagmorgen
in festtäglicher Stimmung entstanden sein.«
Richard Pietzsch arbeitet mit anderen Mitteln; er
sieht auch ganz anders; ihn bestimmt zumeist der
erste starke Eindruck; die malerische Stimmung, die
ihn bei der Aufnahme der Impression beherrscht.
Das Temperament spricht stärker mit, und bringt
gerade da, wo die malerische Konzeption sich mit
der Stimmung vollkommen deckt, überraschend
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