Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 17. Band.1908
Seite: 392
(PDF, 165 MB)
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-sMsö> DIE FRÜHJAHRSAUSSTELLUNG DER WIENER SECESSION

STEPHAN FILIPKIEWICZ

Frühjahrsausstellung der Wiener Secession

MORGENSONNE IN DER TATRA

ergebenen Arbeiters wird, ein zart gefühltes
und locker gefügtes Denkmal im kleinen, den
ihm entsprechenden Platz in einer Erinnerungskapelle
des Kinderschutz- und Waisenhauses
zu Gföhl erhalten.

So vollständig auch mein Bericht über die
Malerei auf der Ausstellung sein möchte, eine
Lücke muß er doch der vielleicht später einmal
möglichen Ergänzung überlassen. Im
Katalog heißt es bei Nummer 10: Franz
Hohenberger, Wanddekor (Privatbesitz); was
man sieht, ist aber nur ein Stück pfauenblauer
Stofftapete, durch die auf eine gerichtliche
Verfügung hin über das darunter befindliche
Gemälde eine Art Präventivhaft
verhängt wurde. In ästhetischer Hinsicht dem
Bild seinen Wert und seine künstlerische
Konzeption prozessual abzustreiten, wird kaum
angehen, davon ist jeder überzeugt, dem gelegentlich
der Vorbesichtigung der Ausstellung
zufällig gestattet war, es auch nur mit einem
Blick zu streifen: in der malerischen Haltung
ein Gobelin, dem Gegenstand nach ungefähr
eine mittelalterliche Legende, ein Jagdfest.
Aber porträtähnlich dargestellt sind moderne
Menschen, Großindustrielle, die einst als Auftraggeber
dieses Geschenkes für ihren Gastgeber
durch die vom Maler vorgenommene
Mummerei sich befriedigt und belustigt zeigten,
jetzt hingegen wegen Ehrenbeleidigung und
verletzten Urheberrechtes den Künstler und
die Vereinigung in allen Instanzen anklagen,
obwohl diese guten Glaubens vorgegangen
sind. Wird Hohenberger sachfällig, sobleiben für
seine Würdigung die ehrlich und bestimmt hingesetzten
Darstellungen von Wiener Frachtenbahnhöfen
in Bereitschaft.

Leider wird durch den Zwischenfall die
wohlerwogene Harmonie des Ausstellungssaales
gestört. Der antwortenden Gegenstimme
entbehrt nun der malerische Akkord „Am
Brunnen der Liebe" von Hans Tichy (Abb.
S. 396); wie immer man sich den Vorgang
durch Worte klarzulegen versucht, in der
Schilderung der traumberauschten Gestalten
müßte der bloß einmal, fast allzustark unterbrochene
feine Duft der Farben mitschwingen,
von denen die große Leinwand ohne trüben
Rest erfüllt ist. Vor eine bestimmte Aufgabe,
die nicht seiner freien Wahl entsprach, sah
sich Karl Ederer gestellt, der eine Lösung
für das mächtige, als Mosaik auszuführende

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