Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 17. Band.1908
Seite: 394
(PDF, 165 MB)
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Varia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Public Domain Mark 1.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_17_1908/0475
-*-4^> DIE FRÜHJAHRSAUSSTELLUNG DER WIENER SECESSION ' <^M?~

verkennen ist. Durch Originalität verblüfft
der Pole Vlastimil Hofmann; selten gelingt
ihm eine bei allen absurden Einfällen doch
immerhin verständliche Komposition wie die
Burleske „Die Teufel" (Abb. S. 401), wo der
bunte Firlefanz heiter zu dem Zigeunerwesen
paßt, oder „Das Begräbnis eines Vogels", zu
dem einer der braunen Jungen auf Toten-
knöchlein wie auf einer Geige spielt; wenn
Hofmann die Begleiter eines Kindersarges
mit grellbunten Maskeradenscherzen bedenkt,
so ist dies ebenso seltsam wie seine zwischen
subtiler Durchführung und skizzierender
Behandlung geteilte Malweise. Die Polen
haben außerdem Wl. Slevinski („Blumen",
in der Art des Cezanne) und Stephan Filip-
kiewicz entsendet, dessen „Morgensonne in
der Tatra" (Abb. S. 392) von der Majestät des
Hochgebirges und der Winterstille erzählt.
Von den in München ansässigen Oesterreichern
stellten sich Rudolf Nissl und Hans
von Hayek ein ; der Porträtist Adolf Levier
ist, ohne Gewinn, nach Rom gegangen, Ludwig
Wieden (Abb. S. 386) mit gesteigertem
Können heimgekehrt. Wenn man weiter Umschau
hält, begegnet man den Neulingen
Sebastian Isepp seine „Erlen im Rauhfrost
" haben ein ehrliches Studium verarbeitet
— Karl Harrer und Alberto Stringa,
von dem man nach seinem Probestück mit
dem Sonnenbrand auf dem sterilen Geröll
„Am Monte Baldo" Bedeutendes erwarten
darf; Ludwig Ehrenhaft, Ferdinand Zer-
lacher („Porträt einer alten Frau"), Franz
Gelbenegger, Alfred Milan, der ins Trübe
geratende Richard Harlfinger und Josef
Stoitzner (besonders fein der farbige Holzschnitt
) seien nicht vergessen. Für keinen
Künstler lösen sich die Erscheinungen in
alle Farben des Prismas auf wie für den in
seiner Art wohlbekannten Franz Jaschke,
eines der älteren Mitglieder der Vereinigung,
die sich fast vollzählig eingefunden haben,
mit Rudolf Konopa als Hospitanten.

Die Porträts sind in dieser Ausstellung
nur dünn gesät, aber die zwei von Otto Friedrich
gelten ungewöhnlich viel durch die Vornehmheit
der einmal kühler ausgebreiteten,
ein andermal (Abb. S. 397) in schärfern Gegensätzen
akzentuierenden Töne; und die Brettltänzerinnen
variieren das Thema frei nach
den Geberden der Mata Hari und Ruth Saint
Denis im fesselnden Linienschnitt der Farbenflecke
. Unter den Landschaftern hat sich Anton
Nowak schön geklärt, seine Farben spielen
jetzt wahre Adagios aus der Wachau, der
Gegend um Dürnstein auf. Etwas Musikalisches
, durch eine dichterische Uebertragung

in Farben, verleiht Ernst Stöhr dem stofflich
Unbedeutenden, und Ludwig Sigmundt
vollends weiß in einem abendlichen Weinberg,
einem Rübenfeld (Abb. S. 404) seine heimat-
treue,schlichte Naturandachtmitzuteilen. Karl
Müller hatte sich für einmal als Oelmaler
im Salzkammergut niedergelassen und Ferdinand
Kruis ist als Aquarellist geradezu draufgängerisch
mit blendenden Beleuchtungseffekten
, kühner denn Ludwig Rösch, der mit
Veduten ausallerWelt besticht. AloisHänisch,
der sich so gut auf einem Malergemüt heimelige
Winkel versteht (Abb. S. 390), läßt auch
einen gar farbenlustigen Blick auf den in sommerlicher
Hitze glastenden Wiener Naschmarkt
tun; Adolf Zdrazila gewinnt seiner
schlesischen Landschaft (Abb. S. 387) immer
neue Seiten ab und Oswald Roux, der Pferdemaler
, erzählt von dem Treiben in einem Zirkuszelt
. Einiges aus dem kleinen Abteil der Graphiker
wurde schon gelegentlich erwähnt;
Luigi Bonazza, Schmoll von Eisenwerth
und Luise Pollitzer haben hier gelungene
Blätter beigetragen. Neben Friedrich, Müller,
Rösch, Oerley, Roux ist Maximilian Liebenwein
mit einem flotten „Lieben Augustin" an
der heurigen „Mappe der Vereinigung" beteiligt
, deren farbige Lithographien durchwegs
Wiener Motive zum Gegenstand haben.

GEDANKEN ÜBER KUNST

»Ich mache Sie darauf auf merksam, daß Sie dabei
niemals einen Gegenstand für sich betrachten, sondern
stets beobachten, wie sich derselbe zu seiner Umgebung
verhält. Sei es nun in seiner Begrenzung, d. h.
Form, oder auch in der Farbe. Wenn Sie sich das
zur Gewohnheit machen, so werden Sie bald dahinter
kommen, daß man rund malen kann, ohne zu modellieren
. Unser Auge nimmt zunächst in der Natur
nur verschieden begrenzte und gefärbte Flecken wahr,
und nur unsere Erfahrung und unser Wissen lassen
uns auch die ganzen Gegenstände erkennen. Schon
die bloße naive Nachahmung dieser Flecken bringt
stets eine gewisse Täuschung hervor. Davon würde
ich an Ihrer Stelle ausgehen, weil Sie auf diese Weise
zuerst dazu kommen, die Mittel, mit denen man nachahmt
, zu beherrschen. Ganz falsch ist es, sich die
Handgriffe, die Manier eines anderen anzugewöhnen,
weil man sich damit einen Block zwischen die Augen
und die Natur, der besten Meisterin, setzt. Es versteht
sich ganz von selbst, daß auf diese Weise kein
erschöpfendes Bild gemalt wird, doch wollen wir heute
bei diesem Punkte stehen bleiben, weil sich dann nach
und nach aus diesem rohen Block etwas Feines herausmeißeln
läßt.t Aus einem Briefe Hans v. Marees' an eine Schülerin

»Studiert die alten Meister, legt zur rechten Zeit
eure eigene Individualität in die Wagschale, dann
werdet ihr ziemlich genau erkennen, was ihr vermögt.
Andere Wege gibt es heutzutage nicht. Nie aber ist
das Richtige das, was ihr macht, sondern, wie ihr

es macht, - - das beherziget WOhlU Anselm Feuerbach

394


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_17_1908/0475