http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_17_1908/0497
DIE FÜNFZEHNTE AUSSTELLUNG DER BERLINER SECESSION
weißverhängten Stuhl gesetzt, von einer rotgekleideten
Frau gehalten, oder nein — es
ist ja unmöglich, einen Körper so zu halten.
Daneben ein knieender Mann mit blauer Badehose
, sowie eine Frau in modernem schwarzen
Kleide, im Hintergrund in einer Gruppe von
Frauen ein völlig nackter Mann. Man treibe
den Widersinn doch nicht auf die Spitze!
Es hat einmal einen künstlerischen Ernst gegeben
, der nicht nur in Pinsel und Auge,
sondern auch ein wenig im Kopf saß; jetzt
negiert man absichtlich alles, was einigermaßen
nach gutem Geschmack, nach Ver-
innerlichung und Verstandesarbeit schmeckt.
Glauben die Herren Beckmann und Genossen
wirklich so leichten Kaufes Künstler zu werden
? Es ist ein Jammer zu sehen, wie
solche Maler — und Beckmann kann malen,
daran ist kein Zweifel — sich verzetteln und
Kraft und Talent verschwenden an Dinge,
die niemand ernst nehmen kann, und denen
sie — Hand aufs Herz — selbst innerlich
völlig kalt, höchstens handwerklich interessiert
gegenüberstehen. Man will sich zum
Genie stempeln und bringt es nicht über
Sonderlingsallüren heraus, die im besten Falle
einen komischen Beigeschmack haben, oft
aber einen direkt widerlichen, wie z. B. die
„schwere Stunde" von Charlotte Berend.
Und auch diese Künstlerin verfügt über eine
nicht gewöhnliche Technik. Von den geschundenen
Raubrittern, die Otto Hettner unter
dem Titel „Der Aufbruch" vorführt und
von anderen ähnlichen Kunstwerken will ich
schweigen.
Unter den Landschaftern steht Leistikow
an der Spitze. Wie mehrmals schon in den
letzten Jahren hat er Abstecher über seine
gewohnte heimische Sphäre hinaus gemacht,
so nach Italien (Abb. S. 424) und der Schweiz,
aber sein Bestes gibt er doch stets wieder
in seinen fabelhaft stimmungsvollen märkischen
Seen. Ulrich Hübner bewegt sich
nach wie vor mit viel Glück und Geschmack
in seiner norddeutschen Ecke (Abb. S. 410).
Baum, von Brockhusen, Pottner und andere
ERIK WERENSKIOLD
Ausstellung der Berliner Secession
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BJÖRN BJÖRNSON
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