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EDUARD VON GEBHARDT
ZU SEINEM SIEBZIGSTEN GEBURTSTAGE AM 13. JUNI 1908
Von Hermann Board
Seit der allzu früh verschiedene Friedrich
Schaarschmidtim 17. HeftedesXIII. Bandes
der „Kunst für Alle" Eduard von Gebhardts
künstlerische Wirksamkeit") bis zu seinem
60. Geburtstage geschildert hat, ist wieder ein
Jahrzehnt arbeitsfreudiger undgesegneterTätig-
keit des Düsseldorfer Meisters vergangen. Seitdem
hat diese Zeitschrift wiederholt Veranlassung
genommen, bedeutende Werke des
Meisters in Abbildungen zu bringen,**) so
daß sich das vorliegende Heft, das Gebhardts
Schaffen in den letzten zehn Jahren behandeln
*) Vergl.auch Fritz Bley,Kloster Loccum, injahrg. II,
Heft 13, ferner die Abbildungen in Jahrg. III, 9. V, 2.
VII, 18. VIII, 21 u. 22. IX, 3. XI, 18.
**) S. Kunst für Alle, Jahrg. XIII, Heft 17 u. 24.
XIV, 18. XVI, 5. XVII, 9u.24. XXII, 14u.24. XXIII, 4.
eduard von gebhardt
soll, auf die nicht publizierten Werke beschränken
kann. Eigentümlich nimmt sich
das Wort „beschränken" aus, wenn man die
Fülle des Stoffes aus dem letzten Jahrzehnt
überblickt, aber eben bei der Sichtung des
verbleibenden Materiales muß die Beschränkung
, die nur die Wiedergabe eines Teiles
der letzten Gebhardtschen Arbeiten zuläßt,
tatsächlich eintreten.
Vor allem fällt des Meisters größtes und
umfangreichstes Werk, das seine Vollendung
vor zwei Jahren erfahren hat, in diese Periode :
Die Ausmalung der Friedenskirche in Düsseldorf
. In sieben Jahren intensiven Schaffens
ist das gewaltige Werk mit allen Vorstudien
und Ausführungsarbeiten unter seiner Hand
entstanden und bei all dieser, für die Kräfte
eines gewöhnlichen Sterblichen mehr wie ausreichenden
Leistung, ließ der Meister nicht
einen Tag die ihm lieb gewordenen Pflichten
seines Lehramtes an der Kgl. Kunstakademie
im Stich, ja er fand sogar Zeit, die für die
Friedenskirche komponierten monumentalen
Wandgemälde in die Verhältnisse des Staffeleibildes
zu übersetzen und nebenher eine
Reihe von Bildern, teils weltlichen, teils
religiösen Inhalts, mit der ihm eigenen Sorgfalt
auszuführen. Die fabelhafte, geistige und
körperliche Frische Gebhardts ist es eben,
die uns von Jahr zu Jahr das Wunder des
ewigen Sichverjüngens an ihm erleben läßt,
steht er doch mit dem gegenwärtig in Berlin
ausgestellten Bilde „Der verlorene Sohn"
(Abb. S. 435) auf der Höhe einer in weiser
Zurückhaltung sich gebenden künstlerischen
Ausgeglichenheit, wie sie sich wohltuender
nicht in den bisher als die reifsten seiner
Werke angesehenen Bildern ausspricht.
In diesen Tagen begeht Eduard von Gebhardt
den 70. Geburtstag, aber bis zur Stunde
hat es für ihn kein Nachlassen der Kräfte
gegeben, kaum, daß er durch Schicksalsschläge
an ihrer ausgiebigsten Entfaltung für längere
Zeit behindert worden wäre. — Es ist als ob
die Natur ihm die erdenklichsten Konzessionen
mache, um ihn nicht in der Ausübung seiner
Mission zu stören. Und eine Mission hat Gebhardt
unter uns zu erfüllen. Er hat dem deutschen
Volke die Verkünder der christlichen
Religion nahe gebracht, ihm ihre Lehren mit
greifbarer Wahrhaftigkeit in eine sinnlich wahr-
Die Kunst für Alle XXIII. 19. 1. Juli 1908. 433 55
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