http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_17_1908/0543
AUSSTELLUNGEN UND SAMMLUNGEN
eduard von gebhardt
der tanz ums goldene kalb
Wandgemälde in der Düsseldorfer Friedenskirche
YW'IEN. Durch eine Silhouetten-Ausstellung kam
jüngst bei Heller eine altneue Kunstübung
wieder zu Ehren. Wie schon vor einigen Jahren als
erster in dem von ihm geleiteten Brünner mährischen
Gewerbemuseum, hatte Direktor Julius Leisching
auch hier reiche Belege zusammengebracht, deren
geschichtliche und ästhetische Erläuterung er in einer
sachkundigen Sonderschrift vorgenommen hat. In
vielen Familien ist durch ererbte Ahnenbildchen der
Anteil an der Silhouettenkunst lebendig geblieben,
mag sie nun in sorgfältig aufgeklebten Schwarzpapierschnitten
, als Verzierung von Porzellantassen, in
Unterglasmalerei oder sonstwie erhalten geblieben
sein. Die Ausstellung ging auf den Beginn dieser
Liebhaberei zurück, konnte auch vorführen, welche
Beachtung ihr Goethe widmete (die Sammlung Gottfried
Eißler gab die Beispiele aus dem Kreis unserer
Klassiker her) und wurde dem zu Ende des 18. Jahrhunderts
tätigen Wiener Hieronymus Löschenkohl
in seiner örtlichen Bedeutung gerecht. Ergötzlich
dann die humoristischen Papierschnitte in Weiß von
Schwind. Zur Biedermeierzeit läßt sich die adelige
Gesellschaft und das Bürgertum gern durch den
Schattenriß porträtieren. Später erweitern in Deutschland
Paul Konewka und Karl Fröhlich das Darstellungsgebiet
und finden in Heinrich Wolff(Königs-
berg) und Otto Fikentscher eine Nachfolge, Diefenbach
und Fidus nicht zu vergessen. Für Frankreich
hat Henri Riviere das Schattenspiel wunderschön
wieder zu entdecken gewußt. Wie sehr dem modernen
Geschmack die Silhouette entspricht, bei der
sich aus dem Material so unmittelbar der Stil ergibt
, das braucht nicht erst betont zu werden. Olga
Mulacz und Marianne Roller (Brünn) haben keck
fabulierend oder porträtierend zur Schere gegriffen;
in Wien wurde durch Dr. Otto Böhler die ganze
455
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_17_1908/0543