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DIE INTERNATIONALE KUNSTAUSSTELLUNG DER MÜNCHNER SECESSION
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KARL HAIDER
mangfalltal mit kloster weyarn
Sommerausstellung der Münchner Secession
dort einige der pikanten Farbensymphonien
des heutigen Habermann (Abb. S. 519) betrachten
, um die Weite des künstlerischen Entwicklungsganges
Habermanns zu ermessen.
Auch Albert von Keller läßt uns einen
Blick in seine frühere Arbeitszeit tun. Das
Schleißheimer Interieur, das er uns vorweist,
stammt aus einer weiter zurückliegenden Schaffensperiode
; es ist ziemlich dunkel gemalt,
aber von ganz eigenem Reiz der Komposition
und linearen Wirkung. Es gefällt mir besser
als sein „Saal aus dem Versailler Schloß",
der in den Vordergrundpartien ein wenig leer
ist. Dagegen ist die „Impression eines Theaters
", ein vorzügliches Beleuchtungsstück,
wahrhaft genial hingewischt. Die koloristisch
sehr pikante „Moderne Dame" zeigt Keller
auf bekannten Wegen. Gleich Keller wendet
sich nun auch Adolf Hengeler dem Interieur
zu, er hat darin Winternitz, Joseph
Kühn und besonders den tüchtigen Eugen
Wolff zu Genossen. Winternitz strebt im
übrigen aus der Enge eines festumrissenen
Arbeitsgebietes immer mehr heraus. Sein
Sommerbild, badende Knaben vor dem sonnenbeschienenen
, weiten Wasserspiegel, behandelt
ein Thema, das vor ihm mit besonderer
Meisterschaft Liebermann und Landen-
berger gepflegt haben. Es blieb ihm somit
nicht viel Neues zu sagen, aber er erschöpfte
wenigstens alle koloristischen und kompositio-
nellen Möglichkeiten des Themas.
Franz von Stuck ist eigentlich nicht in
der Weise vertreten, die man von ihm als
einem der bedeutendsten Führer der Münchner
Secession erwarten sollte. Von Stuck
müssen und können wir Ernsteres und Bedeutenderes
verlangen, als er uns gegenwärtig
zeigt. Er ist in eine Sackgasse, in eine Art
dekorativer Renaissance, hineingeraten. Seine
Bilder sind mit eigensinniger Absicht aufs
Dekorative hin gemalt. Bei dem kleinen Bildchen
„Pan" ist sogar der Rahmen breit und absichtlich
ins Bild hereingezogen, das leuchtende
Gold ist ein wohlberechnetes Glied des
Farbenensembles. Dieses Farbenensemble freilich
ist bei Stuck ganz wundervoll und von
höchster malerischer Kultur. Dafür zeugen
die beiden Bildnisse seines Töchterchens Mary.
Dieses kleine Fräulein weiß sich sehr geschickt
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