Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 17. Band.1908
Seite: 565
(PDF, 165 MB)
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-sMsö> VAN GOGHS BRIEFE <&^~

dicken Farben aufgesetzt war, herauszubringen;
ein Pinselstrich verschwand darin wie nichts.
Darum drückte ich Wurzeln und Stämme aus
der Tube heraus und modellierte sie etwas
mit dem Pinsel, ja, nun stecken sie drin,
wachsen daraus hervor und haben kräftig
Wurzel gefaßt!" Eine seltsame Dämonie des
Gewaltsamen oszilliert zwischen diesen Worten.

„Ist es nicht etwas Fatales —, überall dasselbe
langweilige Weißgraulicht an Stelle von
Licht und Helldunkel —!" „Farbe!" — ruft
er aus — „Lokalfarbe an Stelle von Nuancen."
Innerlich scheidet er sich von der Malerei
seiner Zeit und betritt seinen Weg. Farbe!
Lokalfarbe an Stelle von Nuancen. „Was sie
,Helle' nennen, ist in vielen Dingen nichts
anderes als ein häßlicher Atelierton in einem
unwohnlichen Stadtatelier."

Noch eine Stelle, die blitzartig die Kunst
van Goghs erhellt und zeigt, womit er herausstrebt
über den Impressionismus:

„Denk dir, ich male einen befreundeten
Künstler, einen Künstler, der große Träume

träumt, der arbeitet wie die Nachtigall singt____

Dieser Mann soll blond sein. Alle Liebe,
die ich für ihn empfinde, möchte ich in das
Bild hineinmalen. Zuerst male ich ihn also
so wie er ist, so getreu wie möglich, doch
das ist nur der Anfang. Nun fange ich an,
willkürlich zu kolorieren. Ich übertreibe das
Blond der Haare, ich nehme Orange, Chrom,
mattes Zitronengelb. Hinter den Kopf —
statt der banalen Zimmerwand — male ich
die Unendlichkeit. Ich mache einen einfachen
Hintergrund aus dem weichsten Blau, so stark
es die Palette hergibt." —

Eine Anekdote, die bezeichnend ist.

Van Gogh geht mit einem Maler durch
ebenes Land. Abgeerntete Getreidefelder, die
sich bis ins Unendliche verlieren; ein winzig
kleiner Arbeiter, ein kleiner Zug, der durch
die Felder führt. Der Maler sagt: „Das wäre
aber blödsinnig langweilig zu malen!" Van
Gogh schreibt: „Ich antwortete nichts darauf,
fand es aber so herrlich, daß ich nicht einmal
die Kraft fand, diesen Idioten anzuschnauzen."

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