http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_17_1908/0668
-g-S^> VAN GOGHS BRIEFE ~(^^
Er malt das Stück Land. „Na, und nun kommt,
während ich so zeichne, ein Kerl an, nicht
Maler, sondern Soldat. Ich frage ihn: Wundert
es dich sehr, daß ich dies ebenso schön
wie das Meer finde?" „Nein, das wundert
mich garnicht, daß du es ebenso schön wie
das Meer findest, denn ich finde es noch viel
schöner als den Ozean, da er bewohnt ist."
So ganz unvoreingenommen steht van Gogh
der Natur gegenüber! Welche Frische in all
diesen Beobachtungen; was er sagt, kommt
alles aus erster Hand. Schon in Worten
reißt er die Natur an sich und formt sie:
„Die Stadt ist von vielen Wiesen umgeben,
die mit Löwenzahn übersät sind, wie ein gelbes
Meer. Diese Wiesen werden, ganz vorn, durch
einen Garten abgeschnitten, der ganz mit
violetter Iris gefüllt ist. Was für ein Motiv,
wie? Ein Meer von gelben Blumen, mit der
Linie von violetter Iris, und im Hintergrunde
die kokette, kleine Stadt mit ihren schönen
Frauen!"
Das Leben dieses Künstlers?
Er ist 1853 als Sohn eines Pfarrers in
einem Dorf Nord-Brabants geboren. Er sollte
Kunsthändler werden und war in London und
Paris tätig. In England war er noch auf dem
Land Schullehrer, dann wollte er Theologie
studieren und ging zu diesem Zweck nach
Amsterdam. Auch hier hielt es ihn nicht,
er ging zu den Minenarbeitern nach Belgien
und predigte dort.
Hier beginnt seine eigentliche Entwicklung.
Er fängt an zu zeichnen. 1881 nach seiner
Heimat zurückgekehrt, studiert er, geht nach
dem Haag, verkehrt mit Malern und wechselt
verschiedentlich seinen Aufenthalt. Einige
Jahre arbeitet er so, geht dann 1885 nach
Paris, nachdem er vorher einige Monate die
Akademie in Antwerpen besucht hatte.
Van Goghs Bruder war Kunsthändler; durch
ihn kam er mit den Impressionisten in Berührung
, von denen er lernte und von denen
er sich später mit seiner Kunst lossagte.
Er geht dann nach dem Süden, nach der
Provence, nach Arles; von hier sind die
meisten der Briefe geschrieben, sie sind voll
von der südlichen Luft, voll von der heiteren
Schönheit, die er liebte.
„Was bin ich in den Augen der meisten?
Eine Null, oder ein Sonderling, oder ein unangenehmer
Mensch, jemand, der in der Ge-
JULIUS EXTER
Münchner Jahresausstellung 1908
DAS LICHT UND DER SCHATTEN
566
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_17_1908/0668