Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 17. Band.1908
Seite: 568
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-*=4=^> VAN GOGHS BRIEFE <&$~*~

Seilschaft keine Position hat oder haben wird,
kurz, weniger noch als der Geringste."

„Gut" — erwidert er trotzig und bescheiden
auf diese Fragen, die er in einem Brief an
seinen Bruder selbst stellte—: „angenommen,
das verhielte sich alles so, dann würde ich
durch meine Arbeit mal zeigen wollen, was
das Herz einer solchen Null, eines so unbedeutenden
Mannes birgt."

Ein Glück hat van Gogh, ein großes Glück:
einen Bruder zu haben, der ihn versteht, der
ihm die Mittel gibt, seiner Kunst zu leben.
Ein fanatisches Leben, so ausschließlich, so
ohne rechts oder links zu blicken, wie das
Leben eines Sektierers.

Ein Bekenntnis. Er spricht von den richtigen
, aber ausdruckslosen Proportionen der
Akademiker. „Sage Serret, daß ich verzweifelt
sein würde, wenn meine Figuren gut wären;
sage ihm, wenn man einen Grabenden Photographien
, er meiner Meinung nach sicher
nicht gräbt; sage ihm, daß ich die Figuren
von Michelangelo herrlich finde, wenngleich
die Beine entschieden zu lang sind, die Hüften,
das Becken zu breit; sage ihm, daß in meinen
Augen Millet und L'Hermitte darum die wahren

Maler sind, weil sie die Dinge nicht so malen,
wie sie sind, trocken analysierend, nachempfunden
, sondern so wie sie sie empfinden;
sage ihm, es wäre mein sehnlichster Wunsch,
zu erlernen, wie man solche Abweichungen
von der Wirklichkeit, solche Ungenauigkeiten
und Umarbeitungen, die zufällig entstanden
sind, macht; nun ja — Lügen, wenn du
willst, aber wertvoller als die eigentlichen
Werke."

Hier sitzt jedes Wort; das ist wie mit dem
Pinsel hingehauen. Hier ist das Wesen der
großen Persönlichkeitskunst ausgedrückt. Dazu
das Bemerkenswerte: „Es tut mir manches
Mal leid, daß ich mich nicht dazu entschließen
kann, mehr zu Hause und aus dem Kopfe
zu arbeiten. Sicherlich ist die Phantasie eine
Fähigkeit, die man entwickeln muß . . ."
Eine neue Kunst dämmert, eine Kunst der
Zukunft.

Wie fein und tief spricht van Gogh von
den alten Malern, den Holländern, von Rem-
brandt, dessen elementare Energie der seinen
so ähnlich ist, von Frans Hals, dessen Gewalt
ihm so verwandt ist. So neu und eigen, als
lebten sie noch, als seien sie Mitschaffende.

HANS VON PETERSEN GEBIRGSFLUSS

Münchner ' ahresausstellung 1908 « Photographieverlag von F. Hanfstaengl, München

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