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NEUE KUNSTLITERATUR
Wilhelm Trübner und sein Werk. 124 Reproduktionen
seiner sämtlichen Hauptwerke mit begleitendem
Text und einer Einleitung von Georg
Fuchs. München und Leipzig bei Georg Müller 1908.
18 M.
Man beachte die Fassung des Titels! Fuchs
wollte kein Buch über Trübner schreiben, dessen
Text durch Abbildungen illustriert wird, sondern er
will uns nur zu Abbildungen der wichtigsten Bilder
Trübners einige seiner Empfindungen und Erklärungen
über die Entwicklung Trübners geben. Dieser
entschieden gesunden Absicht entspricht das
Buch — sein Umfang allerdings sagt's schon — etwas
mehr als Bemerkungen, als begleitender Text
ist es doch geworden. — Das Buch hat drei Eigenschaften
, die es bleibend wertvoll machen: 1. die
Menge guter Abbildungen; 2. Die Fülle sachlichen
Materials durch eigene Angaben Trübners und genaue
Darstellung der Beziehungen Trübners zu anderen
Künstlern; 3. die Frische und optimistische
Auffassung des Schriftstellers. — Der dritte Vorzug
des Fuchsschen Werkes möge auch von denen, die
sich ruhigster Stellungnahme zur Kunst der Gegenwart
, aus Neigung oder Pflicht, befleißigen, nicht
unterschätzt werden. Die Geschichte hat noch immer
am meisten Früchte geerntet aus den Bemerkungen
und Urteilen solcher Zeitgenossen, die enge
Fühlung mit den Künstlern hatten und ihre Stellung
zu anderen Malern ihrer Zeit beurteilen konnten.
Und das gilt hier ganz von G. Fuchs. Wer sich z. B.
in die Malerei des 19. Jahrhunderts vertieft, wird finden
, daß das historische Urteil der Gegenwart über
bestimmte Künstler jener Zeit fast ganz mit dem
übereinstimmt, das zeitgenössische Kenner dieser
Künstler schon ausgesprochen. Leider ist allerdings
immer die zeitliche Epoche, die die Quellenmänner
der Kunstgeschichte richtig überschauten, recht klein.
Das ist wohl erklärlich: Die Grundlagen einer zutreffenden
Beurteilung der Gegenwart sind andere
als die der Vergangenheit und liege diese auch nur
ein Menschenalter zurück. Fuchsens Urteil ist sicherlich
viel wert, soweit es sich auf die reiche Bilderund
Künstlerkenntnis der Gegenwart unmittelbar
stützt; wir müssen entschieden für seine Freude, für
seinen Optimismus eintreten — nur seine gelegentlichen
historischen Darstellungen der malerischen
Strömungen im letzten Jahrhundert sind etwas Fremdes
, etwas weniger erfreuliches in dem sonst so
erfreulichen, frischen Werke. Doch, dem Titel des
Buches entsprechend, gibt Fuchs ja in der Hauptsache
nur wirklich Persönliches : Persönliches von und über
den Künstler. — Der Wert des Buches möchte also
allerseits anerkannt werden. Es hat entschieden Anspruch
darauf, das Grundwerk über Trübner genannt
zu werden. Die Abbildungen des Werkes sind so vorzüglich
, wie man das von besten Autotypien nur erwarten
kann — und die Autotypie nähert sich ja in
ihren Möglichkeiten der vollendeten Bildwiedergabe
mehr und mehr der keuscheren und vornehmeren
Art des Lichtdrucks. e.w. b.
FranzXaverKraus,Geschichte derChrist-
lichen Kunst. II. Band. 2. (Schluß-)Abteilung:
Italienische Renaissance. Zweite Hälfte. Fortgesetzt
und herausgegeben von Jos eph Sauer. Mit Titelbild
in Farbendruck, vielen Abbildungen im Text und
einem Register zum ganzen Werke. M. 19.—. Freiburg
im Breisgau 1908. Herdersche Verlagshandlung.
1901 hätte dieser Schlußteil der großen Kraus-
schen Kunstgeschichte erscheinen sollen. Doch am
28. Dezember 1901 starb Franz Xaver Kraus — und
lange Zeit durfte man auf eine Vollendung dieses
schwierigen Werkes nicht mehr hoffen. Einige Kapitel
dieses letzten Teiles waren zwar von Kraus
druckfertig hinterlassen worden — aber für den überwiegenden
Teil des Cinquecento war doch vollständig
neue Arbeit zu leisten. — Nun endlich hat Joseph
Sauer das Werk vollendet. — Jeder Besitzer und
Kenner der von Kraus selbst besorgten Teile wird
Vergleiche mit dem von Sauer geschriebenen Schlußband
anstellen. Der Vergleich ist nicht leicht.
Das Cinquecento fordert andere Behandlung als das
Quattrocento. Doch wo der Vergleich tunlich, da
kann nichts anderes festgestellt werden, als daß Sauer
so gründlich und sachlich seiner Aufgabe nachgegangen
ist, wie das von einem Nachfolger Kraus'
nur irgendwie erwartet werden konnte. Das was
uns diese Kunstgeschichte so unvergleichlich wertvoll
gemacht: Berücksichtigung nicht nur, sondern
auch offensichtliche Herbeischaffung des ganzen Materials
der Forschung, ist auch in dem von Sauer
bearbeiteten Teile ganz zu finden. Selbstverständlich
erwartet man auch hier die bewährte Ueber-
sichtlichkeit der Anordnung, die das Werk bisher
auszeichnete. Nicht zu erwarten war dagegen die
gleiche geistige Hoheitder Stellungnahme eines Historikers
wie Kraus zu den keineswegs immer kirchlich
karl georg barth junge nymphe
Münchner Jahresausstellung 1908
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