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ERNST RIEGEL-DARMSTADT IN SILBER GETRIEBENE FRUCHTSCHALE MIT VERGOLDETEN HENKELN
NEUE ARBEITEN ERNST RIEGELS
Ein Text zu unseren Bildern neuer Arbeiten
Prof. Ernst Riegels in Darmstadt mag
in Hinsicht auf die Anschaulichkeit der Abbildungen
fast überflüssig erscheinen.
Wir wissen uns auch einig mit dem Willen
des Künstlers, wenn wir unsere Erläuterungen
in die kürzeste Fassung bringen und ihnen
lediglich die Aufgabe zuweisen, das Charakteristische
in Form und Technik der Einzelstücke
festzulegen.
Da ergibt sich zunächst eine glückliche
Herrschaft über die Form in ihrem vielfältigsten
Ausdruck und dem rechten Zusammengehen
mit dem Zweck. Die Bowle für die
Herkomerkonkurrenz 1907 — Riegel ist ja
sozusagen Spezialist für Auto-Rennpreise geworden
— steht auf dem gedrungenen Sockel
ordentlich protzend mit der breiten Wucht
ihrer runden Form. Aber das feine schmük-
kende Beiwerk, die aus dem umschlingenden
Lorbeergerank herausschauenden Räder in dem
getriebenen Relief unter dem abschließenden
Band, die glatte Wölbung des nur spärlich
mit Schrift- und Wappensiegeln besetzten
Deckels, die humorvoll gravitätische Würde
des zur Wacht auf dem Knauf sitzenden
Adlers bringen Bewegung und Leben in die
Masse, ohne sie darum aufzulösen und ihren
kompakten Zusammenhalt zu stören.
Die anderen reinen Silberstücke, die Vergoldung
und eingesetzte Edelsteinzier nur
zurückhaltend verwenden, weisen auf die nämliche
Absicht: energische, bewußte Schaustellung
des dekorativen Wertes, durch kraftvoll
stilisierte Blatt- und Tierornamente über
den nüchternen Eindruck des nur geformten
Materials hinweggebracht. Dazu in den feinen
Zutaten und untergeordneten Dingen eine Feinheit
der Erwägung und Auswahl, daß die
Gründlichkeit des zuvor im Geiste gesehenen
Entwurfs überall herausschaut.
Die großen Fruchtschalen sind Zeugnisse
für solche Behauptung.
Aber in den abgebildeten Pokalen, die so
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