Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 18. Band.1908
Seite: 58
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-*-5^> AMERIKANISCHE ARCHITEKTEN <^v~

bestimmten, schon existierenden Stiles anzupassen
. Bald brach seine Eigenart durch.
In vielen seiner Bauten finden wir allerdings
Anlehnungen an den Kolonialstil sowohl
den des Nordens als des Südens, je nach
zweckentsprechender Verwendung — aber
stets eigenartig verwoben mit den Gebilden
seiner Phantasie. Viele auch sind nun letzterer
entquollen, aber alle tragen den Anforderungen
Rechnung, denen sie zu dienen
haben. Alle sind daher originell, individuell,
manchmal auch insExzentrischeneigend. Immer
findet sich in ihnen der Ausdruck seiner Persönlichkeit
. Wodurch sich Wilson Eyre vor
allem auszeichnet, das ist sein dringendes
Verlangen, die Inneneinrichtung und Einteilung
völlig mit dem Aeußern in Einklang
zu bringen und zweckdienlich zu gestalten,
eine Forderung, der man bisher hier zu Lande
noch nicht genügend Rechnung getragen hatte.
Alle Ornamentik muß bei ihm untergeordnet
werden und nur dazu dienen, die Teile, die
sie schmückt, kräftig hervortreten zu lassen
oder deren Zwecke zu verdeutlichen. Stets
entspricht die Außenseite eines Gebäudes
genau der inneren Einrichtung. Manchmal
hat Wilson Eyre sein Prinzip, die Einteilung
der Innenräume auch nach außen zu dokumentieren
, so weit geführt, daß Fehler des
Plans — oft durch unumgehbare Umstände
bedingt - - auch nach außen sichtbar blieben,
bleiben sollen, wenn es ihm leicht möglich
gewesen wäre, dieselben zu verdecken. Wenn
eine Zimmereinteilung z.B., um den Bedürfnissen
der Bewohner gerecht zu werden,
nicht zugleich der Harmonie der Verhältnisse
entspricht, so besteht Wilson Eyre darauf,
dies nicht durch architektonische Kunststückchen
zu verdecken. Dadurch wird wohl manchmal
die Schönheit der Linien gestört, aber
kräftige Ursprünglichkeit und individuelle
Stärke bleiben als eigenartige Reize gewahrt.
Wilson Eyre verdankt seine größten Erfolge
der Villenarchitektur, was bei seiner
Individualität fast selbstverständlich scheint,
denn hier kann er am besten die Persönlichkeit
zum Ausdruck bringen.

Immerhin hat Wilson Eyre auch mit Glück
öffentliche Gebäude und größere Geschäftshäuser
entworfen. Unter den letzteren sind
besonders die „Broker's offices" (Maklerbureaus
) für Philadelphia - - welche sich dem
Kolonialstil sehr nähern — hervorzuheben.
Mattrote Ziegel mit weißen Steinfassungen
bilden die Fassaden, wie dies meist bei den
Philadelphiaer Kolonialbauten der Fall ist.

Im Kirchenbau hat sich Wilson Eyre bis
jetzt nur einmal versucht, aber mit viel Geschmack
. Byzantinischer Einfluß scheint nicht
ausgeschlossen gewesen zu sein. Aber eine
Vereinfachung und ein Hinzielen auf massige
Wirkung hat ihn vor plumper Nachahmung
bewahrt oder vielmehr eine solche liegt
eben Wilson Eyre ferne, und er wird deshalb
nie in sie verfallen, wenn auch die Verführung
groß ist. Seine Kirche steht mitten unter
großen Bäumen und ist von Buschwerk umgeben
.

Schon eine seiner frühesten Landhausbauten,
das Heim von R. L. Ashhurst in Overbrook
bei Philadelphia, bringt eine originelle Anlage
. Besonders das ovale, Fenster im Mittelpunkte
des Giebels angebracht, erweist sich
als eigenartig und faszinierend, und das Dach
zeigt in seiner stark überhängenden Form
für Amerika neue Momente. Noch origineller
präsentiert sich das Heim von John W. Pepper
bei Jenkentown, das Wilson Eyre zwei Jahre
später entwarf. Die Kombination einer rauhen
kräftigen Steinmauer, welche zum Teil bis
unter das schräge Dach sich erstreckt und
von Holzwerk für den andern Teil des Hauses,
sowie die Verwendung von dicken Säulen
aus rauhem Stein, welche die Veranda tragen,
geben dem Ganzen ein eigenartiges Gepräge.
Die unregelmäßigen Wohnräume verleihen
auch hier dem Aeußern den Stempel. Die
Halle — von der nach amerikanischer Sitte
die Freitreppe in die oberen Stockwerke führt,
ist teilweise so hoch wie zwei Stockwerke.
Auch das Speisezimmer ist ohne Rücksicht
auf Symmetrie angelegt, während das „Parlor"
gerade durch seine schönen, harmonischen
Verhältnisse fesselt. Fast konventionell erscheint
aber dann der Garten im Vergleiche
zu dem etwas exzentrischen Plan des Hauses
— oder gerade darum auch wieder exzentrisch
mit dem Gebäude als Ganzes betrachtet.

So wie diese Ersten, bieten alle Bauten von
Wilson Eyre Beweise von Originalität. Es
würde zu weit führen, die vielen Landhäuser,
die in den letzten Jahren nach seinen Entwürfen
entstanden sind, des Näheren zu beschreiben
. Nur denjenigen, die diesen Aufsatz
illustrieren, seien noch einige Worte gewidmet
. Die Wyeth-Villa repräsentiert eine
der neuesten Bauten von Wilson Eyre und
bringt die Eigenartigkeit seines Stiles voll zur
Geltung. Es ist ihm gelungen, den Missionsstil
, wie der Süden ihn als Zweig des Kolonialstiles
entwickelt hat, mit Motiven des englischen
Landhausstiles zu vereinigen, oder
besser gesagt, ein völlig Neues daraus zu bilden
. Wir sehen die schrägen, hohen Formen
des breiten Daches des Kolonialstils, das englischen
Ursprung verrät. Dadurch wird die

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