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-sr4sö> AMERIKANISCHE ARCHITEKTEN »(^^
wird sie von weiten Hallen flankiert, die nur
halbhohe Wände vom Stiegenhaus trennen.
Diese Einteilung verleiht dem Ganzen einen
ungemein wohnlichen, dabei aber großzügigen
Charakter.
Wilson Eyres Wesenheit drückt sich gerade
in dieser Einteilung der Innenräume vollständig
aus. Die Möbeleinrichtung der Hallen
und aller Wohnräume ist im Missionsstil gehalten
. Es sind die ganz schweren Missionsmöbel
, die hier Verwendung finden, und mit
Recht. Aber auch in diesen Innenräumen
kommt, wie in der Außenarchitektur, die gerade
Linie nicht ausschließlich zur Anwendung,
die schräge, nach oben strebende Linie wirkt
vielmehr dazwischen mildernd und hebend:
das Düster-Gedrückte des Missionsmotivs zur
freien freudigen Wohnlichkeit verklärend. Man
betrachte z. B. die schrägen Balken, die das
Deckengewölbe stützen helfen.
Einer der glücklichsten Einfälle für die Aus-
senkonstruktion ist das Hervorwachsen eines
Landhauses in Tuxedo aus seiner Umgebung
(Abb. Seite 55). Ein felsiger Naturpark umgibt
das Gebäude. Die vom Garten emporführende
Treppe ist aus rauhem Stein gefügt
und ebenso der ganze Unterbau. Er scheint
gleichsam der Felsenumgebung abgerungen zu
sein. Erst nach oben finden wir glattes Mauerwerk
. Das schräge Dach krönt den Bau in
harmonischer Weise. Aus der schweren Felsennatur
heraus strebt er in die Höhe! Breite
Veranden umgeben die anderen Seiten des
Hauses. Siegemahnenin ihrer Anlage mitRecht
an die „Corridore" südlicher Bauten und wahren
dadurch den Anklang an die Missionen
des Südens.
Das Haus von Nelson Brown in Torres-
dale zeigt, so grundverschieden es vom Wyeth-
Hause ist, doch wieder alle Eigentümlichkeiten
Wilson Eyres —gerade in dieser Verschiedenheit
(Abb. S. 63). Ein See liegt nahe dem
Hause, Rasenflächen umgeben es. So ist denn
alles weicher gehalten, Ziegelwerk, dann glatt
verputzte Wände, kein rauher Stein, aber als
Veranda ein Bau von verputztem Stein. Ein
gewölbter Eingang geleitet uns hinein. Auch
die vordere Seite zeigt abgeschrägte Wölbungen
. Das Dach strebt wieder in die Höhe
und ist stark geschrägt. Die Fensterscheiben
sind butzenartig abgeteilt, aber auch hier sind
die Vierecke so eingeteilt, daß sie spitz nach
oben streben, dem ganzen Charakter entsprechend
. Hohe Bäume umschatten den Bau,
verdecken aber nirgends die Konstruktion.
Völlig der Umgebung entsprechend, zeigt
sich ebenfalls die Villa der Misses Alger
und FuLLER(Abb. Seite 60 und 61). Sie liegt in
Great Neck am Sunde, nahe New York, wo
im Sommer ein fast tropisches Klima herrscht,
wie das Gartenbild zeigt. Die Ueppigkeit der
Gewächse, dazwischen die schlanke Cypresse
wir vermeinen im spanischen Amerika zu
weilen.
So harmoniert der Bau, der mehr als irgend
ein anderer von Wilson Eyre an die spanischen
Missionen gemahnt, denn ganz außerordentlich
mit der ihn umgebenden Natur.
Nur das tief herabhängende, aber sehr schräge
Dach mildert auch hier wieder das Gedrückte.
Aber der ganze Bau ist viel wuchtiger gehalten
als die früher besprochenen, die Kamine
sind niedriger und breiter. Auch dies
Gebäude ist wieder ein harmonisches Ganzes
— eine eigenartige Verklärung verschiedener
Motive zum künstlerischen und praktischen
Gelingen.
Solch originelles Schaffen ist bisher in
diesem rasch erblühten Lande der Kontraste
noch selten gewesen — auf allen Gebieten.
Weil wir in Wilson Eyre Harmonie und
Originalität finden, verdienen seine Arbeiten
das Interesse der Mitwelt — „hüben und
drüben". Clara RuGE-New York
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