Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 18. Band.1908
Seite: 71
(PDF, 145 MB)
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JOSEPH WACK ERLE-MÜNCH EN GESCHNITZTE MARIONETTEN-FIGUREN

JOSEPH WACKERLE

Die Kunst der Porzellanfiguren war lange
Zeit ein Zufluchtsort für die allerärgste
Geschmacklosigkeit. Erfunden für eine Kultur
der raffinierten, koketten Grazie und in dieser
Kultur zur Vollendung gebracht, mußte sie in
einer Welt, der diese Grazie verloren gegangen
war, ganz fehl am Ort wirken: die alten schönen
Stücke konnten wohl als Sammlungsobjekte
weiter existieren, was aber neu dazu kam, war
nichts wie öde, schlechte Wiederholung längst
ausgeleierter Formen, gerade gut genug, um
als »Nippes« in irgend einem schlecht und
überladen eingerichteten Salon zu stehen.

Daß aber trotzdem in dieser Technik noch
Leben steckt, beweisen die Porzellanfiguren
Josef Wackerles; sie sind unter den verschiedenen
Versuchen einer Neubelebung
dieser Technik wohl die gelungensten, die
lebendigsten.

Aeußerlich lehnen sich die Figuren an Früheres
an: die Kostüme sind aus der Rokoko-,
der Biedermaier-, auch der Krinolinenzeit genommen
, und auch die Gesten haben oft etwas
von der pretiösen Gemessenheit früherer Zeit.
Aber trotzdem lebt ein starkes modernesElement
in den Figuren. Es erscheint uns hierbei weniger
das Bewußte in der Empfindungswelt der
Figuren, das bei mancher, wie bei der im

Lehnstuhl sitzenden, nicht jedem sympathisch
sein mag, als vielmehr eine große künstlerische
Zweckmäßigkeit, eine bewußte Vereinfachung
der Geste, eine Hintansetzung des
Details, die die Figuren stark von alten unterscheidet
und ihnen eine etwas stärkere, machtvollere
Erscheinung verleiht. Eine Figur, wie
die Dame mit dem Muff, erhält so eine sehr
starke, einfache Wirkung, und auch bei Gruppen
wie bei den zwei Masken gelingt es
Wackerle, zu einer sehr geschlossenen Gestaltung
zu kommen. Dabei ist aber trotz des
Verzichts auf feines Detail im Sinne der
Rokokofiguren doch der Charakter des Porzellans
vorzüglich festgehalten und durch ganz
einfache, gut gewählte Farben stark zur Geltung
gebracht.

Daß es Wackerle nicht nur gerade um
den Materialreiz des Porzellans zu tun ist,
sondern daß er vielmehr überhaupt an plastischer
Kleinkunst, oft humoristischen Gepräges
, Gefallen findet, beweisen Holzschnitzereien
, z. T. selbständig gedachte Figuren, wie
die mit der abgenommenen Maske oder die
ganz ausgezeichneten Puppen für ein Marionettentheater
. Diese können in ihrer Lebendigkeit
und Einfachheit geradezu als Meisterstücke
gelten.

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