Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 18. Band.1908
Seite: 97
(PDF, 145 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_18_1908/0117
ERNST KREIDOLF

Heute, wo die Kunstakademien das Rein-
Malerische, besser gesagt: die Vorherrschaft
der Farbe, die vorwiegend am Modell,
am Naturausschnitt, am interesselosen Objekt
geübt wird, ebenso einseitig fordern und fördern
, wie in früheren Zeiten das Zeichnerische,
das gewöhnlich auch noch eine „Novelle"
zur Grundlage hatte —: heute stellt sich ein
Zeichner von allem Anfang an abseits von
der großen Gemeinde bildender Künstler
und lebt in einer Art freigewählter Verbannung
, einer Lage, in der ihn seine Kameraden
mitleidslos seinem eigenen Stolze zu überlassen
pflegen. Höchstens, daß er mit einem
bedauernden Achselzucken als künstlerisch
und geschäftlich nicht ganz voll angesehen
wird. Denn sonst müßte er doch auf das
Hauptziel der Maler ausgehen, nämlich den
Anforderungen einer Ausstellungs- oder einer
Gruppenjury zu genügen, um zu den großen
Jahrmärkten zugelassen zu werden, auf denen
heute „Angebot und Nachfrage in Kunstsachen
sich zu regeln suchen". Daß einer nach jahrelangem
vergeblichem Kampf Palette und Pinsel
mit dem Stift vertauscht und als Buchschmuckzeichner
oder als Kunstgewerbler mit besserem
Erfolg sein Brot sucht, das kann man ihm
ja wohl vergeben, ja, man bewundert ihn am
Ende gar noch darum; aber als Zeichner zu
beginnen und in der Malerei vor allem nicht
nur das Wie, den technischen Vortrag gelten
zu lassen, sondern auch den Stoff, den Inhalt,
das „Was" zu pflegen und mit dem „Wie"
in eine feste, unlösbare Verbindung zu bringen
-: dies gilt schon als ein gelinder geschäftlicher
Wahnsinn. Im besten Fall wird er
als Künstlereigensinn bezeichnet, indesgemein-
hin nicht allzuhoch eingeschätzt, solange sein
Träger nicht einen zwar sehr zäh, aber doch
recht langsam errungenen äußeren Erfolg aufweisen
kann. Und doch nennt männiglich
— ausgenommen in Zeiten, wo Ausstellungs-
juries ihres toleranten Amtes walten — dieses
Tun und Gebaren „echt deutsch" und pflegt
vor Namen wie Schwind oder Richter
oder Thoma oder Rethel entzückt die
Augen zu verdrehen als vor tapferen Be-
kennern des Deutschtums — immer aber mit
dem Vorbehalt: „Grüß mich nicht unter den
Linden!" Während ein starkes Jahrzehnt hin-

Dekorative Kunst. XI. 3. Dezember 1907.

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