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ATELIERS UND WERKSTÄTTEN FÜR ANGEWANDTE KUNST, MÜNCHEN
rische Begabung bekundet hat. Vielleicht ist es
gut, hier ausdrücklich zu betonen, daß die Erzeugnisse
der „Ateliers und Werkstätten" keineswegs
als „Schülerarbeiten" anzusehen sind.
Versuche, Experimente im pädagogischen Sinne
waren in der ganzen Ausstellung nicht anzutreffen
. Ganz abgesehen davon, daß die hervorragendsten
Mitarbeiter der „Ateliers und Werkstätten
" niemals Schüler der ÖEBSCHiTz'schen
Lehranstalt gewesen sind, läßt sich diese höchstens
als der nächstliegende, natürlich gegebene
Rekrutierungsbezirk für die künstlerischen
Hilfskräfte der „Ateliers und Werkstätten" bezeichnen
, denn Reife und Sicherheit sind
gerade die Eigenschaften, die das Auftreten
aller Erzeugnisse desneuen industriellen Unternehmens
auszeichnen.
Was in der Hohenzollernstraße21 vorgeführt
wurde, waren nicht weniger als zwölf vollständige
Wohnräume mit dem ganzen Apparat an
Teppichen, Vorhängen, Wandbespannungen,
Beleuchtungskörpern etc., dessen Wohnräume
bedürfen. Daran schloß sich eine Abteilung
für Kleingewerbe, in der Gläser, Porzellan,
Keramik, Schmuck, Metallarbeiten, Schnitzereien
, Holzarbeiten, Serpentinsteinarbeiten,
Spitzen, Textilien jeder Art, Stickereien, Spielzeug
usw. vorgeführt wurden. Graphik und
Buchgewerbe, einschließlich der anmutigen
Kunst des Buchzeichens, machten den Schluß.
Beteiligt waren insgesamt etwa neunzig Künstler
, Individualitäten der verschiedenartigsten
Prägung, aber alle harmonisch zusammenarbeitend
im Sinne einer ebenso gesunden
als feinnervigen dekorativen Gestaltung.
Unter den Möbelkünstlern trat vielleicht
am stärksten Fritz Schmoll von Eisenwerth
hervor, eine Begabung von geradezu nervöser
Feinheit, in allen Einfällen — von wenigen abgesehen
- - durchaus überzeugend, wahr und
einfach. Einfachheit will hier nicht im Sinne
etwa der Wiener verstanden werden, deren
stereotype Rechtwinkligkeit vielfach höchst
preziös, gesucht und künstlich wirkt. Die
Arbeiten von Fritz Schmoll sind einfach
vor allem darin, daß sie unbeirrt und gerades-
wegs auf das jeweilige Ziel des künstlerischen
Gestaltens losgehen und vom Standpunkte
dieses künstlerischen Willens aus keinen
Ueberschwang, nichts Unnötiges, keine stammelnde
Ueberfülle enthalten. Das spröde
Material, bestehend aus dem Rohstoff und
seinen konstruktiven Notwendigkeiten, wird
unter seinen Händen bildsam und gefügig wie
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