Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 18. Band.1908
Seite: 144
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_18_1908/0166
DIE AUSSTELLUNG FÜR CHRISTLICHE KUNST IN AACHEN

Im Anschluß an eine Handwerksausstellung
fand kürzlich in Aachen eine Ausstellung für
alte und moderne christliche Kunst
statt, die vor allem den Bemühungen von
Prof. Dr. Max Schmid und Museumsdirektor
Dr. Schweitzer in Aachen zu danken war. Sie
hatte die ausgesprochene Tendenz, den gesunden
Bestrebungen der modernen Kunst auch
Eingang in die Kirchen zu verschaffen. Die Ausstellung
umfaßte Architekturen und Innendekorationen
— teils Abbildungen in- und ausländischer
Kirchenbauten, teils Entwürfe —
Gemälde, Skulpturen, kirchliche Geräte und
Gewänder. Besonders interessant war die Goldschmiedeabteilung
. In dem Saal für alte Goldschmiedekunst
waren nicht nur herrliche Arbeiten
aus den Kirchenschätzen von Aachen
und Umgebung ausgestellt, sondern auch Belgien
und Holland hatten reichlich dazu beigesteuert
. Man wird nicht leicht wieder eine
so interessante Sammlung alter Reliquiarien,
Monstranzen, Kelche, Meßkännchen, Weihrauchfässer
, Kruzifixeund Vortragkreuzesehen,
wie hier in Aachen.

Besondere Verdienste um das Zustandekommen
dieser Abteilung hatten sich Hofgoldschmied
Steenaerts und Stiftsgoldschmied
Witte in Aachen erworben.

In der Abteilung für moderne Goldschmiedekunst
, zu der man die in einer Sonderausstellung
vereinigten Arbeiten der Kunstschule
des Dominikanerklosters Beuron in Hohen-
zollern rechnen muß, sah man neben älteren
Formen schon einen recht bemerkenswerten
Anlauf zu einem gesunden Fortschritt, und
sicherlich bedarf es nur des Entgegenkommens
der Kleriker, und unsere Zeit schafft
sich ihre eigene kirchliche Kunst so gut wie
das Mittelalter. Es ist von guter Vorbedeutung
, daß Se. Eminenz Kardinal-Erzbischof
Dr. Antonius Fischer in Köln, der diese
Ausstellung auch persönlich eröffnete, und
die Bischöfe von Lüttich und Roermond diesen
Bestrebungen freundlich gegenüberstehen.

In der Abteilung für moderne Goldschmiedekunst
war auch eine Ausstellung von Schmucksteinen
aufgestellt, die den Zweck hatte, gegen
die Verwendung von Glasimitationen zu protestieren
und außerdem Künstlern und Goldschmieden
Gelegenheit zu geben, dieses wunderbar
schöne Material eingehend zu studieren.

Es ist interessant an den alten Arbeiten
zu beobachten, daß man in früheren Zeiten
überall nur echte Steine zur Dekoration der
Kunstwerke verwandt hat, seien sie auch

noch so kunstlos geschliffen und oft nur
unter Erhaltung der natürlichen Form einfach
glatt gerieben. (So werden sie heute noch von
den Eingeborenen Indiens bearbeitet, und so
brachten die Pilger die Steine schon im Mittelalter
aus dem Orient). Erst mit dem Verfall
der Kunst und mit der Verwilderung des
Geschmacks treten Fälschungen und Nachahmungen
aus Glas auf; man will billige, protzenhafte
Wirkungen. Das geht bis in die neueste
Zeit herein. Auch heute noch werden
in der geschmacklosesten Weise Glasimitationen
verwendet; es gibt sogar besondere Geschäfte
für Glasimitationen „zu kirchlichen
Zwecken". Daß solche unechte, billige Effekte
dem ganzen Wesen der christlichen Kunst
direkt widersprechen, das scheint man ganz
vergessen zu haben. Wenn man also Vertiefung
, Verinnerlichung fordert, so bitten
wir, diese kirchliche Kunst mit einzuschließen.

Nur wenige Künstler kennen die Schmucksteine
genauer, die meisten ahnen nicht einmal
, wie mannigfaltig sie in der angewandten
Kunst verwertet werden können. Diese bald
zarten, bald packenden Farben, dieser wunderbare
Glanz, dieser Reichtum an Wirkungen
ist den meisten unbekannt, sonst würden sie
diese Steine viel mehr als bisher bei ihren
Arbeiten verwenden. Dazu kommt, daß dieses
Material an Echtheit der Farben, an Dauerhaftigkeit
und Unverwüstlichkeit nichts zu
wünschen übrig läßt.

Um Künstler und Kunstfreunde auf diese
vielseitig verwendbaren Schmucksteine aufmerksam
zu machen, hatte der Direktor des
Krefelder Kaiser Wilhelm-Museums, Herr Dr.
Deneken, bereits im vorigen Jahre eine
Schmuckstein - Ausstellung veranstaltet, die
großen Beifall fand und die direkte Veranlassung
wurde, daß man mit der Ausstellung
für christliche Kunst in Aachen ebenfalls eine
Schmuckstein - Ausstellung verbunden hat.
Auch in anderen Städten, z. B. in Berlin, Leipzig
und Kopenhagen, trägt man sich mit dem
Gedanken, durch Sonderausstellungen für die
stärkere Verwendung der Schmucksteine Propaganda
zu machen. Es wird Sache der Künstler
sein, sich durch eingehende Beschäftigung mit
den Schmucksteinen, durch das Studium der
Technik ihrer Bearbeitung und durch Schaffen
neuer Kunstformen für die Steine, diese Bewegung
zu fördern und zu unterstützen. Es
sind hier für frei schaffende Künstler noch
eine Menge dankbarer Aufgaben zu lösen.

Dr. Alfred Eppler-Krefeld

Für die Redaktion verantwortlich: h. BRUCKMANN, A\ünchen.
Verlagsanstalt F. Bruekmann A.-G., München, Nymphenburgerstr. 86. — Druck von Alphons Bruckmann, München.


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