Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 18. Band.1908
Seite: 215
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_18_1908/0237
RICHARD BERNDLS NEUBAU DES HOTEL UNION IN MÜNCHEN

chen eine eingehendere Betrachtung. Schon
seit Jahren trug man sich mit dem Gedanken,
das an der Barerstraße gelegene alte Haus
abzutragen oder umzubauen. Mehrere unserer
ersten Architekten befaßten sich mit dem
Projekt, und schließlich wurde die Ausführung
Richard Berndl, Professor für Architektur
an der Münchener Kunstgewerbeschule, übertragen
. Professor Berndl, der bisher meist
Villen und andere Privatbauten ausführte und
sich hauptsächlich in der Ausgestaltung von
Innenräumen bewährt hatte, übernahm zum
erstenmal eine so große Aufgabe.

Sie war nicht leicht. Man sieht es dem
jetzigen Bau in seiner einladenden, gediegenen
Pracht freilich nicht mehr an, aus was für
ärmlichen dürftigen Verhältnissen er hervorging
. Der Hotelbau an der Straße ist vollständig
neu. Neu ist auch der Flügelbau,
der Hotel und Kasino miteinander verbindet.
Der nach rückwärts gelegene Saalbau ist aus
dem früheren Gebäude hervorgegangen.

Beim Neubau des Hotelgebäudes konnte der
Architekt nach Maßgabe der geforderten Räumlichkeiten
frei disponieren. Das Hotel sollte
etwa 50 Zimmer mit 78 Betten, Licht, Bäder
und sonstige Bequemlichkeiten erhalten und
allen Ansprüchen genügen.

Die Anordnung ergibt sich aus den Darlegungen
des Grundrisses.

Ein Vestibül in gediegener solider Ausstattung
empfängt den Ankömmling. Es ist
so ausgestattet, daß sich der Fremde gleich
beim Empfang wohnlich und behaglich fühlt.
Für die nächsten Bedürfnisse der Hotelgäste
ist mit einem sehr geräumigen lichten Speisezimmer
, das mit seiner nach eigenem Verfahren
gebeizten Eichenholztäfelung und seiner
schönen Stukkodecke einen sehr vornehmen
Eindruck macht, Rechnunggetragen. Nurdurch
eine große Schiebetüre vom Speisezimmer
getrennt, ist ein in lichtem Rüsternholz getäfelter
Raum als Schreibzimmer eingerichtet.
Ein anderer Raum, der auf grüne Farben gestimmt
ist, dient als Weinrestaurant. Durch
Einbauten sind gemütliche Ecken und Winkel
geschaffen. Farbige Fenster und originelle
Porzellanlüster beleben den Raum, machen
ihn auf gut münchnerisch — stimmungsvoll.
Das Parterre enthält ferner noch das für den
allgemeinen Besuch gedachte große Restaurationslokal
mit gediegener Eichenholzausstattung
, schönen großen Lüstern und kräftig
akzentuiertem farbigen Dekor. Im ersten,
zweiten und dritten Stock befinden sich die
für den eigentlichen Hotelbetrieb eingerichteten
Zimmer, solche mit einfacher Ausstattung,
die Möbel von geräuchertem Eichenholz mit

Ahorneinlage, und solche mit luxuriöser, komfortabler
Einrichtung aus hellem Mahagoniholz
. Durch Verwendung von farbigem Dekor,
Waschtischausstattung mit bunt glasierten
Platten, Vorhängen und guten Bildern erhalten
diese Zimmer ein wohnliches Aussehen.

Viel schwieriger als der Bau des Hotels
gestaltete sich die Lösung des zweiten Teiles
der Aufgabe, die Ausgestaltung des alten Gesellschaftshauses
: Katholisches Kasino, wobei
der Architekt nach Möglichkeit den Zweck des
Hauses zum Ausdruck zu bringen und mit
den einfachsten Mitteln künstlerische Wirkungen
zu erzielen suchte. Und es ist ihm
gelungen, aus dem unscheinbaren alten Hause
mit seinen lichtarmen Stuben und Sälen, seinen
winkeligen Gängen und Treppen ein prächtiges
Gebäude mit übersichtlicher Anordnung, mit
schönen Zimmern und weiträumigen Sälen
zu schaffen.

Um den großen weiträumigen Saal, der etwa
1200 Personen faßt und als Festsaal und Versammlungsraum
dient, zieht sich eine Galerie
mit leicht geschwungenen Balkons. Reizend
ist der Ausblick auf die kleine Bühne mit dem
tiefblauen Vorhang, der von Margarete von
Brauchtisch mit Applikationen bestickt wurde.
Die Beleuchtungskörper sind im Saale sehr
geschickt untergebracht. Man kann von jeder
Stelle der Galerie aus auf die Bühne sehen,
ohne von dem Lichte geblendet zu werden.
Besonders schön ist der Anblick dieses Saales
am Abend. In seiner weißen, mit Grün pikant
gewürzten Bemalung und seiner Lichtfülle
macht er einen glänzenden Eindruck.

Durch eine schalldichte Türe gelangt man
von der Galerie aus in einen zweiten kleineren
Saal, der sich vorzüglich für Zusammenkünfte
gelehrter Männer, für Vorlesungen und Vorträge
, sowie auch für Ausstellungen von Kunstwerken
eignet. Ein hübscher Erker und ein
großer Balkon mit erfrischendem Ausblick
ins Grüne machen den Aufenthalt um so angenehmer
. Für die Bedürfnisse des Kasinos
wurden Beratungszimmer, Bibliothek, Ruhe-
und Erholungsräume und ein Billardzimmer
eingerichtet. Das Beratungszimmer des Kasinos
bietet eine interessante architektonische
Gestaltung; der Raum schließt oben mit einem
Gewölbe wie bei alten Klosterstuben ab. Auch
hier ist die Bemalung wieder in lichten Farben,
weiß und grün, gehalten.

Das Bibliothekzimmer ist sehr zweckmäßig
eingerichtet: es hat viel Licht und praktische
Möbel, einen großen Tisch, bequeme Stühle,
Schränke für Zeitschriften und Bücher und
würdigen Bilderschmuck: Dürers große Passion
in Holzschnitten. Die Bilder für den

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