Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 18. Band.1908
Seite: 233
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PAUL SCHULTZE-NAUMBURG

WOHNHAUS Dr. GRILL IN SEBNITZ

PAUL SCHULTZE-NAUMBURGS BAUTEN

Von Dr. Wilhelm BoDE-Weimar

Einen besonderen Auftrag an ihr Volk glauben
viele zu haben. Einige wenige werden
von ihren Landsleuten als Zeitmissionare und
Weltverbesserer auch wirklich anerkannt, anfangs
zumeist mit Spott und Widerstreben, allmählich
bereitwilliger und allgemeiner, bis sie
schließlich wie öffentliche Beamte, ja wie Institutionen
angesehen werden. Man wendet
sich dann an sie, um ihre Hilfe gegen alte
Uebelstände oder neue Gefahren zu gewinnen,
um von ihnen Rat oder Auskunft zu erhalten,
und man zürnt ihnen sogar, wenn sie bei solchem
Anruf versagen. Man verbindet mit
ihrem Personennamen einen Sachbegriff, denkt
dabei ohne weiteres an das Ziel, zu dem sie
führen möchten, oder an die Forderung, die
sie an ihre Landsleute stellen; der Name Damaschke
z. B. bringt den Begriff Bodenreform
mit sich, der Name Sohnrey läßt an allerlei
ländliche Wohlfahrtspflege denken. Leider prüfen
nur wenige genau, was diese Männer wirklich
lehren. Die Menge ist bequem, und daher
begnügen sich die meisten damit, solche
bemerkbar werdende Mitbürger in ein Schubladenfach
ihrer Begriffskommode einzuordnen;
jeder neue Mann bekommt eine Etikette, und
was man sich bei dem Etikettewort vorstellt,
das ist der Mann, oder das hat er zu sein.

Schultze-Naumburg, der ja sicherlich zu
diesen anerkannten Beamten der deutschen
Geistes-Republik gehört, trägt zwei Etiketten:

„Heimatschutz" und „Biedermeierstil". Ueber
die erste dürfte er sich nicht beklagen, denn
er braucht selber das Wort häufig und leitet
den Bund für Heimatschutz. Mir erscheint
das Wort zu groß für das wenige, was die
Heimatschutzvereine wollen, und zu klein für
Schultze-Naumburgs kritische und agitatorische
Tätigkeit. Ich würde bei dem Worte
Heimatschutz zunächst an ein Bestreben denken
, das uns aus Halbnomaden, Mietern, Logierern
, Versetzten und Umzugsgewärtigen
wieder zu Menschen machen möchte, die eine
feste Stätte haben, und das die Aecker und
Werkstätten in alten deutschen Provinzen gegen
die hereindringenden Arbeiter anderer
Völker, die sie langsam erobern, verteidigen
möchte. Dagegen würde ich Schultze-Naumburgs
öffentliches Wirken, wie er es durch
Bücher, Aufsätze und Vorträge betreibt, unter
die summarische Benennung „Kampf gegen
Verunstaltung" bringen. Denn seine gesamte
Arbeit bezieht sich auf die Gestalt der
Dinge; sie ist ein beständiges Bemühen für
die Form gegen die Unform, für das natürliche
Gesicht gegen die Fratze oder Maske.
Jedes Ding hat eine von inneren Gesetzen
bestimmte äußere Erscheinung, und es ist
Sünde und Verlust, wenn diese natürliche und
gesetzliche Gestalt von Menschen entstellt
oder zerstört wird. Dies Vergehen geschieht
dann, wenn die Menschen aufhören, naiv und

Dekorative Kunst. XI. 6. März 1908.

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