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-s>^> ADOLPHE APPIA: PA RSIFAL-DEKO RATION EN -(^^
VERLIESZ IN KLINGSORS ZAUBERSCHLOSZ ERSTE DEKORATION IM II. AKT
ENTWURFE ZU PARSIFAL-DEKORATIONEN
Die Inszenierung als Ausdrucksmittel
d. h. nicht mehr als bloßes Gefüge gemalter
Wände und Gegenstände, vor und zwischen
welchen der Schauspieler sich bewegt, — ist
kein neuer Gedanke. Aber bis heute hat er nur
in einzelnen als ein ästhetisches Verlangen
gelebt, ohne in einem rationell ausgebauten
technischen Prinzip in Erscheinung zu treten.
Zwei Hindernisse stellen sich seiner Verwirklichung
noch entgegen: Vor allem die
unausrottbare Vorliebe des Publikums für
Dekorationsmalereien und für die Menge
gemalter Dinge, welche ihm dadurch geboten
wird. Dann aber — und dies stellt
nur die Folge dieser Vorliebe dar — die ganz
ebenso unausrottbare Idee, die Inszenierung
habe in erster Linie die Illusion der Wirklichkeit
anzustreben. — Diese Illusion ist in gewissen
Einzelfällen möglich; z. B. für die Interieurs
des modernen Lustspiels. Doch für
die große Mehrzahl der Schauplätze, welche
die Bühne darzustellen hat, bleibt diese Illusion
ein Widersinn, da der „plastische" und
bewegliche Schauspieler unmöglich in irgendwelchen
Kontakt mit den ihn umgebenden
flachen, senkrechten (für alle lebendige Licht-
und Schattenwirkung, somit für jeden Ausdruck
toten) Kulissenmalereien treten kann. Auch
die Beleuchtung, welcher heute vor allem
andern die Aufgabe gestellt ist, diese Kulissenmalereien
in möglichst helles Licht zu
setzen, damit alles hier Dargestellte in voller
Deutlichkeit erkannt werden könne, versagt
infolgedessen dem Schauspieler die Art von
Licht, die für ihn nötig wäre. — Endlich
aber wird niemals die Illusion der Wirklichkeit
das Ziel der Kunst sein; sondern einfach
ein Kunstmittel unter andern, dessen der
Künstler sich gelegentlich bedienen kann.
Nachdem dies einmal festgestellt, erklärt
sich die außerordentliche Entwicklung, welche
die Dekorationsmalerei gewonnen hat, von
selbst: ohne Darsteller, gibt die Malerei
die Illusion des Dioramas, d. i. die Illusion,
welche der Neigung des großen Publikums
entspricht. Und das Auge dieses Publikums
hat sich daran gewöhnt, vollständig zu trennen
zwischen jener Illusion des Raumes und
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