Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 18. Band.1908
Seite: 280
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_18_1908/0306
-^4sd> ADOLPHE APPIA: PARSIFAL-DEKORATIONEN <^M?~

derjenigen, welche der Schauspieler durch seine
lebendige Gegenwart und sein Spiel erweckt.
Anstatt also von einer Gesamtwirkung ergriffen
zu werden, die — indem sie von der
Erscheinung des Darstellers und derjenigen
des ihn umgebenden Raumes gemeinsam und
einheitlich ausgeht, — in sich widerspruchslos
und daher ausdrucksvoll ist, anstatt somit
völlig hineingezogen zu werden in den Ausdruck
des Geschauten, — muß der Zuschauer
selbst eine Synthese vollziehen, die — künstlerisch
, ästhetisch unmöglich ist. ... Es folgt
daraus, daß sein Auge und sein Geschmack
gefälscht, verdorben werden.

So ist es heute unsre Aufgabe, ihn davon
zu überzeugen, daß jener Widerspruch der
Eindrücke nicht notwendig, sondern ihm nur
aufgezwungen ist, und daß, sobald er sich einmal
entschließt, auf die Befriedigung gewisser
unästhetischer Geschmacksforderungen zu
verzichten, — eine neue harmonische und
ausdruckerfüllte Erscheinungswelt sich ihm
von der Bühne herab zu erschließen vermag.

Indem die Inszenierung ausdrucksvoll wird,
gewinnt sie jene möglichkeitsreiche Geschmeidigkeit
, welche ihr so nötig ist, um das Joch
unsrer willkürlichen und starren szenischen
Konventionen von der Phantasie der dramatischen
Autoren zu bannen. Die Musik ist
die unvergleichliche OfTenbarerin! Vielleicht
wäre es klug und ratsam, sie zu solch schwierigen
Reformen heranzuziehen, sich ihrer zu
bedienen als Vermittlerin zwischen Inszenierer
und Publikum.

Die drei Entwürfe, welche diese kurzen
Aufzeichnungen begleiten, sollen — soweit
dies außerhalb der Bühne und ohne die suggestive
Klangwirkung der Musik erreichbar
ist — zeigen, wie dem Inszenierer, indem er
den in der Partitur (Text und Musik) verborgenen
Angaben gewissenhaft folgt, die Möglichkeit
gegeben ist, zu einem ausdrucksvollen
Stil zu gelangen. Dieser Stil, welcher nun nicht
mehr bloß in persönlich zufälliger Vorstellungskraft
wurzelt, zwingt uns zu einem bühnentechnisch
gänzlich veränderten Verfahren: die gesamte
Inszenierung muß aus der Handlung
des Dramas selbst erwachsen, also den Darsteller
zum Ausgangspunkt nehmen.*)

Die Inszenierung wird dadurch gleichermaßen
zur Basis der dramatischen Handlung
wie zur idealen Architektur, welche sich aus
ihr erhebt. So beginnt die Harmonie sich zu
vollziehen. Hier ist nicht der Ort, die drei begleitenden
Dekorationsentwürfe technisch und
dramatisch zu rechtfertigen. Der Autor bittet
den Leser, ihm dies zu erlassen und einfach
jene Worte und jene Musik vor sein geistiges
Ohr zu rufen, für deren szenische Verwirklichung
die Skizzen gedacht sind. Der Autor
hat die Absicht, nächstens mehrere Zeichnungen
mit auf das Einzelne eingehendem Text
zu publizieren. Adolphe Appia

*) Wer sich für diese Inszenierung »als Ausdrucksmittel
« interessiert, sei hier auf das vor zehn Jahren
erschienene Werk des gleichen Verfassers aufmerksam
gemacht: »Adolphe Appia: Musik und Inszenierung
«. — München, F. Bruckmann A.-G.

Für die Redaktion verantwortlich: H. BRUCKMANN, München.
Druck und Verlag von F. Bruckmann A.-G., München, Nymphenburgerstr. 86.


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