Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 18. Band.1908
Seite: 330
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-w^> IGNATIUS TASCHNER

AUS „DER HEILIGE HIES"

(VERLAG ALBERT LANGEN, MÜNCHEN)

lustigen Phantasie in Illustrationen zu volkstümlichen
Büchern auszuschütten. Mit unmerkbaren
Uebergängen zwischen den einzelnen
Etappen seines Weges gelangte er endlich
zu würdigeren plastischen Aufgaben: zu architektonischer
Zierplastik — an den Berliner
Bauten Ludwig Hoffmanns — und den ersten
hoffnungsvollen Anfängen reiner Monumentalskulptur
. Auf diesem Punkte finden wir ihn
gegenwärtig und können von ihm in Wahrheit
behaupten, daß er mit größeren Zwecken
noch jedesmal gewachsen ist.

Zu den Wurzeln der TASCHNERschen Kunst
muß man aber noch tiefersteigen. Kein Künstler
schöpft seine Formenwelt nur aus sich;
und je fester er mit der Tradition verknüpft
ist, um so sicherer wird er stehen, um so
entschiedener seinen Stil, als Ausdruck des
Persönlichsten, bilden können. Taschner
fand natürlich keine unmittelbare Tradition
vor; auf dem Renaissancegemisch seiner Jugendzeit
konnte er unmöglich Fuß fassen.
Es blieb ihm nichts anderes übrig als zu archaisieren
, aber er tat das mit der Kongenialität
des echten Künstlers. Es war sein
Glück, daß er eine ganze Zeit seiner besten
Entwicklung unter Bauern auf dem Lande zubringen
mußte, weil ihm die Mittel zum Besuch
der Münchener Akademie ausgingen,
wo er bei Eberle bildhauern lernte. Hier

fand er die volkstümlich gesunde Tradition,
die noch auf der Kunst des 18. Jahrhunderts
fußte und mit handwerklicher Solidität
und Ursprünglichkeit zusammenging. Und
diese volkstümliche Derbheit, Zierlust und
Naturfreude kamen seiner angeborenen Neigung
zur Primitivität und Strenge der Form
entgegen und förderten mächtig seine Eigenart
, so daß er als ein Vollendeter aus dieser
Schule hervorging.

Am stärksten prägt sich die bäuerliche Herkunft
seiner Formen in den frühen kunstgewerblichen
Arbeiten aus, nicht immer gerade
zu deren Vorteil. Aber dann ist ihm
ein Auftrag zuteil geworden, der seiner Neigung
zum Volkstümlichen vollkommen entsprach
und der die Darstellung eben jener
Welt bedingte, die Taschner so gut kannte:
die Illustrationen zum „Heiligen Hies" von
Ludwig Thoma. Es waren aber nicht nur die
oberbayerischen Bauern mit ihren Lebensgewohnheiten
, die er mit solcher Treue zu schildern
wußte; höher als der darstellende Wert
steht noch der buchkünstlerische dieses außerordentlich
gelungenen Büchleins undder durchweg
festgehaltene Charakter der Bauernkunst,
den Taschner hier völlig beherrscht. Die
Welt des oberbayerischen Rokoko, das in den
Dorfkirchen, den bemalten Hausfassaden,
dem Hausgerät, der Keramik eine so anhei-

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