Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 18. Band.1908
Seite: 335
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_18_1908/0365
-^4^> IGNATIUS TASCHNER -C^=^

harten Schritt: hier durchströmt das Motiv
des steifbeinigen Schreitens die ganze Figur;
die geknickte Linie, die sie bildet, weist vorwärts
, der stiere Blick spricht von nie endenden
Wegen, die Haltung der Arme, die steife
Bildung der Falten, der schiefe Hut, alles
deutet auf eine vernachlässigte Existenz. Der
junge „Parsifal" auf einem müden Klepper:
der Kontrast eines kühnen edlen Knaben und
seines abgetriebenen Reittiers in einer plastischen
Strenge und Knappheit, die dem Gegenstand
wunderbar entspricht. Der Stil
Taschners ist hier auf seiner Höhe, voll
klarer Gliederung, straff und ausdrucksvoll
und bedeutend in jeder Fläche; das lebendige
Motiv ist so geistvoll erdacht wie durchgeführt
.

Die Reihe dieser Arbeiten kann noch viel
weiter geführt werden, aber es hat keinen
Sinn, sie ferner aufzuführen und zu betrachten
; sie stehen alle auf derselben Höhe plastischer
Vollkommenheit und Durchgeistigung.
Und dabei ist vor allem nicht zu übersehen,
wie stark sie dekorativ empfunden, wie trefflich
sie mit ihrem Sockel verbunden sind.
Auch in diesen Rundplastiken, die ein so
selbständiges Leben führen und so viel erzählen
, wirkt der tektonische Sinn des Künstlers
: wie viel mehr in reinen Architekturplastiken
, denen sich Taschner mehr und
mehr zugewandt hat.

Schon seine Plaketten gehören in diesen
Zusammenhang. Die Komposition der Zeichnung
, die Fähigkeit, über die gegebene Fläche
zu disponieren, die mäßige Höhe des Reliefs,
sind Eigenschaften, welche sie höchst liebenswürdig
machen, und die wir als Kennzeichen
derbestenitalienischenMedaillen wiederfinden.
Taschner beherrscht die Körperformen derartig
in der Vorstellung, daß er sie den tek-
tonischen Anforderungen nach Belieben anpassen
kann, ohne jemals von ihrer Wahrheit
etwas preiszugeben und steif zu wirken. Das
tritt noch deutlicher als bei Plaketten hervor,
wenn es sich um wirkliche Architekturplastik
handelt, die das Endziel aller dekorativen
Plastik ist. Zu ihr hatte Taschner von jeher
eine Neigung. Die köstlichen Brunnenentwürfe
, die von ihm herrühren, halten sich
fast alle mit einem so sehr berechtigten Archaismus
an romanische Baukunst. Das ist
kein Spiel mit Altertümern, sondern ein Ausfluß
der Notwendigkeit, sich an ein strenges
Baugerüst zu lehnen, wenn es einen tekto-
nischen Aufbau gilt. Diese Strenge und den
notwendigen Spielraum zugleich bietet aber
nur der romanische Stil, solange wir noch
keine gesicherte, architektonische Konvention

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