http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_18_1908/0374
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beim Plan eines Landhauses die richtige Lage geprägte Wort „moderner Künstler" nicht an-
des Hühnerstalles austüfteln, doch er kann, wenden. Seiner Ueberzeugung nach müßte
wenn ihm die Lust kommt, auch phantastische der Architekt alle Stilarten wie ebensoviele
Wolkenschlösser bauen, einen Hohenstaufen- Sprachen beherrschen, in denen er sich archi-
stil erfinden, ein Bilderbuch für Könige tektonisch ausdrücken könnte. Eine vollzeichnen
und die dreizehn Badezimmer einer ständig neue Stil-Sprache zu erfinden, hält
indischen Prinzessin entwerfen. er für ein Unding, denn jeder Stil hat sich
Diese Träume seiner Feierstunden, in denen erst mit der Zeit gebildet, und nicht ein ein-
sich seine großzügige Natur künstlerisch aus- zelner Mensch, sondern viele Generationen
lebt, geben uns einen wertvollen Beitrag zu haben an seiner Entwicklung gearbeitet. Der
seiner Psychologie. Stil muß aus den Sitten und Gewohnheiten
Die Werke, die er tatsächlich in Stein aus- eines Volkes entstehen, niemals im Hirnkasten
führen läßt, veranschaulichen ja bloß einen eines Theoretikers.
kleinen Teil der Individualität Bauers. Sie Nie darf der Architekt das Leben mit seinen
zeigen sein technisches Können, seinen sichern Forderungen ignorieren und bloß für den BeGeschmack
, sein Anpassungsvermögen und schauer anstatt für den Bewohner bauen. Der
Sich - Zurechtfinden innerhalb eines jeden theoretische Baumeister, der das Leben ausIdioms
. Für ihn darf man daher das billig schalten will, bringt nur lächerliche oder zum
mindesten unzweckmäßige
Werke hervor.
Leopold Bauer steht
auf der Brücke, die vom
Leben zur Kunst, von
der Kunst wieder zurück
in das Leben führt. Er
weiß Leben in Kunst umzusetzen
. Das ist das
Geheimnis seines Erfolges
, und aus diesem
Grunde ist seine Kunst
wie ein lebendiger, unerschöpflicher
Quell, der
verschwenderisch spendet
.
Bauers kleinste Arbeit
ist von Kraft, Wärme
und Lebensfreude durchdrungen
, aber er müßte
in Wahrheit Mächtiges
und Größtes schaffen;
er müßte der Baumeister
von Prinzessinnen und
Königen sein.
PAUL ALTHOF
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NOTIZ
Die Abbildungen auf S.342
sind einer kleinen Broschüre
»Das Reformkleid« entnommen
, die von dem Modehaus
Adolf Renner, Dresden,
herausgegeben wurde und
allen Freundinnen einer bequemen
,gesunden und kleidsamen
Tracht empfohlen zu
ARCH. LEOPOLD BAUER-WIEN « ECKE DES SALONS IN SCHLOSZ GEPPERSDORF werden verdient.
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