Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 18. Band.1908
Seite: 353
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-s-^> RICHARD WAGNER UND DAS KÜNSTLERTHEATER <^*~

ARCH. LEOPOLD BAUER-WIEN • AUSSTELLUNGSRAUM DER WIENER SECESSION « KAMIN VON ROBERT OERLEY

Phantasie ermöglicht ist, bleibt auch es hinter
der Vollkommenheit des lebendigen, sich selbst
darstellenden künstlerischen Menschen erheblich
zurück. Somit haben die Malerei — und
ebenso auch alle andern egoistisch vereinzelten
Künste — nur insofern Existenzberechtigung
, als sie von der Wiedergabe der menschlichen
Gestalt absehen und sich in ihren Darstellungen
auf außermenschliche Dinge beschränken
. Und ihren eigentlichen Aufgaben
dienen sie am besten, wenn sie sich ihrer
selbständigen Zwecke völlig begeben und bedingungslos
in den Dienst der lebendig aufgeführten
Tragödie treten. „Denn", sagt
Wagner, „das unmittelbar zur Anschauung
gebrachte, sinnlich dargestellte dramatische
Kunstwerk vereinigt in sich alle Momente
der bildenden Kunst nach höchster, nur in
ihr erreichbaren Fülle und führt aus sich erst
dieser Kunst höhere Lebensmöglichkeit zu."

Selbst die Architektur nimmt dem dramatischen
Kunstwerk gegenüber eine bloß dienende
Stellung ein. Für sie besteht die von
der Tragödie ihr gestellte Aufgabe darin, das
dieser Kunst würdige, wiederum künstlerisch
ihr entsprechende Gebäude aufzuführen. Erst
indem sie sich mit all ihren Ausdrucksmitteln

und all ihrer Schönheit in den Dienst des
Dramas stellt, erfüllt sie ihren letzten und
höchsten Zweck.

Der Architekt, welcher in gewissem Sinne
unabhängig von den Formen der Wirklichkeit
eine rein ideelle Sprache redet, ist der eigentliche
Dichter der bildenden Kunst. Ihm haben
sich darum Maler und Bildhauer unterzuordnen,
gleich wie Musiker und Darsteller dem wirklichen
Dichter. Für die Plastik bedeutet diese
Forderung eine empfindliche Einschränkung.
Sie büßt ihre stolze Adelsherrschaft ein und
sinkt herab zu bloß ornamentaler Bedeutung.
Ihr eigentlichstes Thema, die Darstellung des
Menschen nach formaler leiblicher Richtung
hin, wird einbezogen in das Darstellungsgebiet
der Tragödie. Der Drang des Bildhauers
geht über in die Seele des mimischen
Darstellers. Das plastische Modell wird aus
der Starrheit des Marmors endlich erlöst,
der Stein entzaubert in das Fleisch und Blut
des wirklichen Menschen. Träger des plastischen
Gedankens ist nunmehr der agierende
Schauspieler, der ihm in seiner Darstellung
eine ungleich eindrucksvollere, wirksamere
Form zu geben vermag. „Man denke sich
das Modell des Bildhauers zu fortgesetzter

Dekorative Kunst. XI. 8. Mai 1908.

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