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ARCHITEKTONISCHE ODER LANDSCHAFTLICHE GARTENGESTALTUNG
EIN HAUSGARTEN IN ENGER BEZIEHUNG ZUM WOHNHAUSE
kommt, sei diese an sich gut oder schlecht,
so wird der nicht gärtnerisch gebildete Architekt
selbst unter Heranziehung eines guten
Gärtners und Pflanzenkenners auf die Dauer
Gärten schaffen, welche hinsichtlich des Pflanzeninhaltes
einförmig sind. Jedenfalls wird
es ihm versagt bleiben, solche Gärten anzulegen
, deren Eigenart und Reiz in der Auswahl
des Bepflanzungsmaterials beruht. Hierin
liegen aber gerade ungezählte Möglichkeiten.
Mit demselben Recht, mit dem die unschöne
und schablonenhafte Einteilung gerügt wird,
kann man die Armseligkeit und Langweiligkeit
beklagen, welche viele Gärten hinsichtlich
ihres Pflanzeninhaltes aufweisen. Hier
Individuelles und Gutes zu bieten, wird dem
Architekten gar nicht, der Zusammenarbeit
von Architekt und Gärtner nur bis zu einem
gewissen Grade, vollkommen aber nur dem
architektonisch und gärtnerisch, soweit es erforderlich
ist, gleichermaßen Gebildeten gelingen
. Es wird daher notwendig sein, die
Bildungsstätten für berufsmäßige Gartenkünstler
in dieser Hinsicht auszugestalten und an
den technischen Hochschulen Lehrstühle für
Gartenkunst zu errichten.
Nachdem ich so kurz meine Stellung zu
den Streitfragen dargelegt habe, welche in
der Gartensache das mehr persönliche Gebiet
betreffen, will ich versuchen, in rein
sachlicher Weise die Gestaltung des Gartens
und die Schaffensweise in der Gartenkunst
überhaupt zu besprechen. Es wird nämlich
bei der Besprechung der Frage, ob der Garten
architektonisch oder anders zu gestalten sei,
von einzelnen Streitern aus beiden Lagern die
Sache so aufgefaßt, als ob mit der Anlage
des Gartens am Wohnhause die Aufgaben
der Gartengestaltung annähernd erschöpft
seien. Tatsächlich stellt der Hausgarten jedoch
nur einen kleinen Teil der gesamten
gartenkünstlerischen Tätigkeit dar. Man denke
an den parkartigen Garten in locker bebauten
Villenbezirken, den Gutspark, den großen
Landsitz, den öffentlichen Schmuckplatz,Volkspark
, Stadtwald und Friedhof.
Bleiben wir zunächst bei dem Hausgarten.
Ich habe meine Anschauung über die Gestaltung
des Hausgartens in einem kleinen
Buche zusammengefaßt, welches unter dem
Titel „Der Hausgarten" bei Eugen Diederichs,
Jena, erschienen ist. Indem ich darauf verweise
, kann ich mich hier kürzer fassen.
Der Garten bei dem Wohnhaus ist so alt wie
dieses selbst. Ursprünglich Nutzgarten, nimmt
er bald die Befriedigung des Wohnbedürf-
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