Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 18. Band.1908
Seite: 377
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DAS HAUS MOLCHOW BEI ALTRUPPIN

Es ist bezeichnend, daß die neue Entwicklung
in Berlin mit dem Geschäftshaus
begann und in den Restaurants, Cafes, in der
Hochbahn, in Schulen und Krankenhäusern,
Miethäusern und Theatern sich fortsetzte. Das
Eigenhaus kam nicht so zur Geltung, während
in den kleineren Zentren gerade in dem Eigenhaus
das Neue geprägt wurde. In dieser Beziehung
bedeutet das Haus Molchow, das
sich der Dichter und Schriftsteller Paul Remer
in der Nähe von Altruppin baute, eine wichtige
neue Etappe. Das Fortschreiten zu einer
neuen Art von Aufgaben wird damit bekundet.

Diese Tatsache hat noch in anderer Hinsicht
eine Bedeutung. Wer kennt die Mark als
Landschaft eigenen Charakters, die also auch
im Architektonischen ihren besonderen Ausdruck
verlangt?

Wohl oft hat man sich diese Frage schon
vorgelegt, und man überlegt, wie wohl das
Haus aussehen müßte, das in die märkische
Landschaft hineinpaßte, so daß es schiene,
als wüchse das Steingebilde aus der Naturumgebung
organisch heraus.

Mit dem üblichen Landhaus kommt man
hier nicht immer aus. Es würde nicht stören.
Aber es würde den Charakter des Landschaftlichen
nicht ganz zum Ausdruck bringen. Das
Intime, Wohnliche würde da sein; das Monumental
-Herbe, die Größe würde fehlen.

Nun, das Haus Molchow ist in dieser Beziehung
eine Erfüllung, und es tut nichts, daß

nicht einheimische Architekten es waren, die
diese Lösung fanden.

Als sich der Bauherr nach Architekten umsah
, die seinen Intentionen gerecht werden
könnten, wurde ihm die Wahl nicht leicht.
Denn es sollte etwas Neues, nicht das Uebliche
werden. Landhäuser und Villen gab es genug.
Dies hier war aber eine Aufgabe. Er fand die
geeigneten Kräfte in den finnischen Architekten
Gesellius & Saarinen. Dies ist kein Zufall
. Wie es auch kein Zufall ist, daß die
Architekten nur auf Angaben hin das Haus
so entwarfen, wie es im wesentlichen nachher
blieb, mit aller Rücksicht auf Lage und Ausnützung
des Geländes. Das Entscheidende
war: Hiersprach die Wesensgleichheitder Landschaft
mit, träumende Seen, Kiefernwälder.
Die Wahl war nicht nur deshalb auf die finnischen
Architekten gefallen, weil der Bauherr
Architekturen von ihnen gesehen hatte, die
ihm gefielen, sondern ebensosehr deshalb, weil
er Finnland kannte und mit seinem landschaftlichen
Charakter den der Mark übereinstimmen
fühlte. Er glaubte daher, daß diese Verpflanzung
nicht künstlich sei, sondern organisch
bleibe, und so festigte sich die Anschauung in
ihm, daß diese Architekten imstande sein würden
, das Neue, das ihm vorschwebte, Wirklichkeit
werden zu lassen. Was dem Charakter
der Landschaft den Ausdruck gibt, das ist auch
in ihrem Werke : Monumentalität und Intimität,
Feinheit und Wucht.

Dekorative Kunst. XI. 9. Juni 1908

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