http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_18_1908/0425
ARCHITEKTONISCHE ODER LANDSCHAFTLICHE GARTENGESTALTUNG
Von Fritz ENCKE-Köln
II.
Wie nun die Gartenkunst im Dienste des
einzelnen bestrebt ist, eine Wohnstätte
im Grünen zu schaffen; wie sie dabei über dieses
Bedürfnis hinaus Schönheitswerte erzeugt,
indem sie entweder den Gesetzen der Architektur
entsprechend räumlich gestaltet oder
die die Landschaft bildenden Einzelheiten zu
ästhetisch befriedigenden Bildern ordnet, so
hat sie auch in der Städtebaukunst wichtige
Aufgaben, deren Bedeutung ebensowohl auf
johann vierthaler-münchen « bronzestatuette
dem gesundheitlichen, als auf dem erziehlichen
und ästhetischen Gebiete liegt. Auch
hier ist es sowohl architektonische Gestaltung
als rein malerische Pflanzenverwendung,
die Geltung heischt, wobei wiederum hie und
da mancherlei praktische Aufgaben auf beide
Weisen gelöst werden können. Welche gartenmäßige
Gestaltung wichtiger für die Schönheit
des Stadtbildes ist, läßt sich kaum sagen,
denn der gut gestellte Baum, der einem Bauwerk
zu malerischer Wirkung verhilft, ist
schließlich verhältnismäßig genau so wertvoll
als der große Stadtpark, der viele Morgen umfaßt
. Der heutige Städtebau, welcher das
Malerische wieder stärker betont, kann gerade
der unregelmäßig-malerischen Pflanzenanordnung
nicht entraten. Hier wird durch
einige Bäume und allerlei Gesträuch ein Höhenunterschied
vermittelt; dort unterbricht ein
Baum die Häuserfront oder die Vorgartenlinie
einer Straße. Monumentalbauten werden
malerisch umschlossen von bald höherem,
bald niedrigem Pflanzenwuchs. Ja, ich halte
dafür, daß die so überaus malerischen Architekturbilder
, welche das Umbauen großer Monumentalbauten
, besonders der Kirchen, durch
kleine Bauwerke erzeugte, und welche das
vergangene Jahrhundert mitseiner Freilegungs-
theorie vielfach zerstört hat, durch geeignete
Aufstellung von Bäumen in ähnlicher Weise
wiedergewonnen werden können. Freilich
kann vor der Anwendung von Pflanzengrün
um jeden Preis andererseits nicht ernstlich
genug gewarnt werden. Man muß sich bewußt
bleiben, daß der wollige Baumschlag
der heimischen Vegetation dem Bauwerk, mit
welchem er in Verbindung gebracht wird, etwas
Behagliches, Gemütliches, Warmes verleiht
, eine Wirkung, die für manchen Monumentalbau
und für manches Denkmal durchaus
nicht erstrebenswert ist. Hier wird, wenn
überhaupt pflanzliches Beiwerk erwünscht ist,
die mauerähnliche Hecke, bestehe sie aus
Bäumen oder niedrigem Strauchwerk, die geschorene
Kugel usw., kurz der Apparat der
Renaissance- und Barockgärten am Platze sein.
Wie man nun hier, wo die Pflanzenverwendung
nur die Ausschmückung baulicher
Objekte ist, die Pflanzen sowohl in natürlich
malerischer Anordnung als auch in straff
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