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-sr4g5> NEUE BÜCHER
fassadenbrüstung für den neubau der deutschen nationalbank in bremerhaven * nach dem
entwurf von j. allers in kupfer getrieben von hasis & hahn, stuttgart
seiner Bedeutung nach nicht genügend bekanntes
und beachtetes Kunstgebiet einem weiteren Kreise
in durchaus vorbildlicher Form zugänglich gemacht.
Eine kurze historische Einleitung und der die Abbildungen
begleitende Text von Otto Schell geben
in knappen Sätzen und frei von philologischen Hypothesen
ein klares Bild von der Entwicklung des bergischen
Hauses, das in seiner Gesamtheit als charaktervolle
Schöpfung einer Generation erkannt wird, »die
aus eigener Kraft zu einem beträchtlichen Wohlstand
gelangte, der mit sicherem Geschmack das Haus
zum Mittelpunkt seiner vornehmsten Lebensäußerungen
machte«. Einige Beispiele typischer Grundrisse
erläutern die Lage der Räume zueinander,
und die ausgezeichneten Abbildungen veranschaulichen
den Reichtum der Motive und die Verschiedenheit
der Lösungen, die die Grundrißanordnung nach
außen hin konsequent zum Ausdruck bringen. Man
sieht, wie die künstlerich schaffende Phantasie eine
durch die klimatischen Verhältnisse und die natürliche
Lage bedingte Konstruktion, die Beschieferung
der Fassade zum Schutz gegen die zahlreichen Niederschläge
des Berglandes, zum ästhetisch wirksamen
Motiv gebildet und so aus der Not eine Tugend gemacht
hat. Das in großen charakteristischen Formen
gehalteneDach zeigt bald glatte, bald gebogeneFlächen,
die den Häusern jener Gegend einen starken malerischen
Reiz verleihen. Durch die gleichmäßige
Bekleidung der Wandflächen mit Schiefer konnten
Schmuckformen nur sparsam verwendet werden;
sie wurden auf einzelne hervorragende Punkte konzentriert
. Die Abbildungen geben Details von Portalen
, Haustüren, Aufgängen und Treppengeländern,
die, mit reicher Holzschnitzerei geziert, besonders
reizvoll von der Barock- und Rokokozeit gebildet
wurden. Zu den zierlichsten und interessantesten
Schöpfungen dieses an Schätzen reichen Kunstgebietes
gehören die Gartenhäuser, die in den mannigfachsten
Formen bald als größeres Haus, bald als graziöser
Pavillon in den vorstädtischen Gärten der
Bürger zum Schutz gegen die Unbill der Witterung
errichtet wurden. Diesem Typus von Baudenkmälern
ist ihrer künstlerischen Bedeutung entsprechend vom
Verfasser besondere Aufmerksamkeit zugewendet
worden. w. c. b.
Paul Mebes, Regierungsbaumeister a. D. Um
1800. Architektur und Handwerk im letzten Jahrhundert
ihrer traditionellen Entwicklung. 2 Bände
mit etwa 800 Abbildungen. München 1908. F. Bruckmann
A.-G. Preis jedes Bandes in Leinen gebunden
20 Mark.
Die Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse
im 19. Jahrhundert hat auf allen Gebieten des Lebens
eine vollkommene Umwälzung herbeigeführt,
von der auch die Kunst nicht unberührt bleiben
konnte. Die Kunst, im 17. und namentlich im 18. Jahrhundert
das verhätschelte Pflegekind der Kirche und
der königlichen und fürstlichen Höfe, deren Ansehen
und Glanz sie eine repräsentative Folie verlieh,
glitt aus ihrer exklusiven Stellung herab und wurde
bürgerlich. Der Bürger wurde der Träger der Kunst.
Die Zeit um 1800, wo die Gedanken der Revolution
Früchte trugen und reaktionäre Empfindungen gegen
das Fürstentum besonders stark und lebendig waren,
zog zuerst für die Architektur und das Kunsthandwerk
die erforderlichen Konsequenzen und schuf
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