Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 18. Band.1908
Seite: 426
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-s-^ls^ DIE AUSSTELLUNG MÜNCHEN 1908

JULIUS MÖSSEL-MÜNCHEN

WANDMALEREI IM KÜNSTLERTHEATER

schreiendes Mißverhältnis zwischen dem Aufwand
an Raum und dem Zweck der Ausstellung
: die Gegenstände in wirksamer Anordnung
dem Besucher vorzuführen. Dinge,
welche ihre Schönheit und Zweckmäßigkeit am
besten einzeln zeigen, mußten in Massen aufgestapelt
werden, um nicht übersehen zu werden
. Woraus vielleicht bei allen Ausstellern
die Meinung entstand, es gäbe nichts Vorteilhafteres
, als soviel Waren wie nur irgend möglich
unterzubringen — was sich ja auch auf
kleinerGrundfläche immernoch erreichen läßt,
wenn man Obelisken, Säulen, Pyramiden baut,
aus Handschuhen, Heringen, Seife und jedem
anderen Gegenstand.

Auf diesem Gebiet bedeutet die Münchner
Ausstellung eine entschiedene Reform des Ausstellungswesens
. Die Einteilung der großen
Hallen in kleinere Räume ermöglichte es, auch
für die einfachsten Gebrauchsgegenstände einen
Rahmen zu schaffen, in welchem sie durch ihre
natürlichen Eigenschaften zur Geltung kommen
: sei es nun durch die Form der Packung
oder durch die Farbe des Materials.

Eine besondere Ausschmückung der Räume
ist dadurch meistens überflüssig gemacht. Ein
Wechsel in der Farbe der Wandbespannung,
ein leichtes Ornament, das ist alles. Nur in
den größeren Räumen, den Vorhallen und Repräsentationsräumen
finden wir dekorative Malerei
. Wer aber in der Ausstellung die große
Plastik sucht, der muß die Ausstellungshallen
verlassen und sich hinüberwenden zu den Wandelgängen
und Kieswegen des Parkes. Hier
winken bunte Majolikafiguren; zwischen hängenden
Zweigen träumt ein marmorner Faun,
und Putten spielen am Eingange des Gebüsches.
Es ist daserstemal, daß wirgutemoderne Plastik
in solchem Reichtum der Erscheinung im Freien
zu sehen bekommen. Dasisteine fröhliche Auferstehung
, heraus aus Leinwandwänden und
grauen Sälen mitten ins Leben und in die Landschaft
hinein, wo zerstreutes Sonnenlicht den
behauenen Stein belebt und bronzene Pferdeleiber
sich im Wasser spiegeln.

So zeigt die Ausstellung in allen ihren Teilen
ein ernstes Streben nach einer Veredelung
der Kultur der Sinne. Dieses Streben findet
in gleicher Weise seinen Ausdruck in der
heiteren Anlage des Vergnügungsteiles, wie
im Hauptrestaurant und endlich in bedeutendster
Form im Künstlertheater, das in allererster
Linie einen Erfolg im Sinne des Aus-
stellungsprogrammes darstellt.

Wie weit auch der übrige Teil der Ausstellung
einen Erfolg bedeutet, das hängt von
Wirkungen ab, die nicht auf der Oberfläche
der Erscheinungen sich äußern. Das läßt sich
nicht aus der Zahl der Besucher, noch aus
der Beurteilung durch die Presse entnehmen.
Die Frage ist vielmehr die: gibt es schon
heute in Deutschland wirtschaftliche Interessentengruppen
, welche die auf dieser Ausstellung
vertretenen künstlerischen Tendenzen
aufnehmen und in wohlverstandenem eigenen
Interesse zur Durchführung bringen können?

Von dieser Seite aus gesehen werden die
Vorarbeiten einer solchen Ausstellung an Bedeutung
gewinnen. Denn bei den Vorarbeiten
wird die Verbindung hergestellt zwischen dem
entwerfenden Künstler und dem Produzenten.
Lernt jener dabei die Bedingungen der Produktion
kennen, so vermag dieser zu erfahren,
daß es nicht teurer produzieren heißt, wenn
man statt schlechter Formen gute Formen
wählt, wenn man, statt kostbares Material
schlecht zu imitieren, die Schönheit des einfachen
Materials zur Geltung kommen läßt.
Er wird dieser Einsicht gemäß handeln, voraus-

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