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^-£gö> DIE AUSSTELLUNG ALS KÜNSTLERISCHES GANZES <^=^
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EDUARD BEYRER-MÜNCHEN
der großen Anlage, die leider nur eines großen
Weihers entbehrt, ist in jeder Beziehung eine
stillere, intimere als alle bisherigen Paradeparks
unserer Ausstellungen.
Auf die vielfach dienende Wirkung des
Parkes ist später hinzuweisen.
Der Plan der ganzen Ausstellung sei zunächst
weiter geprüft. — DieTeilungdes ganzen
Terrains durch den Park hat die weitere Raumdisposition
außerordentlich erschwert. Denn
nun mußte alles in die entstandenen rechtwinkligen
Dreiecke hineinkomponiert werden.
Auch jetzt hätte der Gedanke großer durchgehender
Feststraßen für die Plangestalter noch
nahe liegen können, — auch jetzt aber sah
Bertsch als glücklicher Neuerer davon ab.
An der Hand des Planes sei nun ein Gang
durch die Ausstellung gemacht.
Wenigstens für den ersten Besuch der Ausstellungwähle
man den Haupteingang zwischen
Bavaria und alter Schießstätte. Der führt uns
gleich in den wichtigsten Teil: die Dokumente
der Arbeit.
Die eigentlichen Portalbauten der Gebrüder
Rank geben nicht Anlaß zum Staunen. Aber
sie sind gefällig, und durch neue, leichtkapriziöse
Giebelbildung fesselnsieunsdauernd. Das
Verwaltungsgebäude ist ganz in der schlichten
PFEILERFIGUREN AM HAUPTEINGANG
Weise des Barock gestaltet. Wer allein dieses
Haus vorm Eintreten in die Ausstellung kritisiert
, dürfte fast vermuten, ah so — das alte
gute Münchener Barock immer noch allein
seligmachend,auchnoch 1908! Das wäre freilich
sehr betrübend. — Glücklicherweise künden
uns die Bauten bald ein neues Werden. Ueber-
dies ist die Gruppierung der Portalbauten sehr
geschickt. Gleichsam charakterisierend für den
vornehmen Geist des Ganzen fasse ich aber
die Pfeiler des Portales mit ihren Gruppen
kranzbindender Kinder auf (von Netzer und
Beyrer). Da ist alles reklamehafte Posieren,
Ausladen vermieden. Die Feinheit der Silhouette
ist so ruhig, daß das stumpfsinnige
Vorbeigehen der Menge allein schon größtes
Lob den Künstlern bedeuten wird.
Sind wir in die Ausstellung eingetreten, so
wird unser Blick gradaus und nach rechts gelenkt
. Aber es sind keine Prachtstraßen, die
immer auf uns wie ein soldatischer Imperativ
wirken, die uns ermüdete Ausstellungsbesucher
nur allzu deutlich vor die Aufgabe des Abmarschierens
stellen, des Absolvierens einer leider
unabwendbaren Aufgabe. Nein, hier werden
wir gereizt, gelockt durch dasGegenteil prahlerischen
Befehlens: durch das künstlerische
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