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-ss*4sö> DIE AUSSTELLUNG ALS KÜNSTLERISCHES GANZES <ö^~
GEBR. RANK-MÜNCHEN
DER HAUPTEINGANG ZUR AUSSTELLUNG
Mittel leichten Versteckens, des Trennens,
des Distanzierens.
Wir schauen vor und neben uns etwas wie
gewaltige große Höfe, gerade weil wir sie
nicht gleich ganz überschauen können, wird
Verlangen nach Sehen geweckt, — und das ist
eine Empfindung, mit der man bisher auf
Ausstellungen gar nicht gerechnet hat. Gerade
das allzu herausfordernde Darbieten aller Ausstellungsreize
auf möglichst weite Entfernungen
hat die Effekte gekennzeichnet, hat uns
zu rasch eine Abnahme des Schaureizes verspüren
lassen.
Hier hat man durch Vorspringen eines
Hallenbaues und durch Vorstellen des Verwaltungsgebäudes
uns zu interessieren gewußt
für den großen Vorführungsring, dahinter die
Arena für turnerische und sportliche Feste.
Auf den beiden Längsseiten sind Tribünen errichtet
; die eine Schmalseite wird von einer
niedrigen Halle gebildet.
Es läßt sich denken, daß manche kritischen
Besucher in diesem ersten Hofe etwa eine
turmartige Erhöhung der einen Schmalseite
wünschen möchten. Aber, wenn dadurch dem
Ganzen eine gewisse zentralisierende Wirkung
verliehen worden wäre, so ist das Vermeiden
eines weiteren Lockmittels nur zu sehr gerechtfertigt
. Dient doch die Arena nur gelegentlichen
Vorführungen, würde doch zu
leicht der Besucher der Ausstellung durch
eine auszeichnende Behandlung des ersten
Hofes in die Arena gelockt werden, um hier
beständige Ausstellungsdarbietungen vergeblich
zu suchen. Auch ist es gut, daß dem
ersten Hofe etwas von der besonderen Schlichtheit
des Vestibüls gegeben wurde.
Wenn wir in der vom Eingang gegebenen
Richtung nur einige Schritte weitergehen, umfängt
uns eine neue, viel festlichere Baugruppe.
Links das Künstlertheater Max Littmanns,
zwischen Basar und Kaffeehaus, rechts die
große Halle III von Bauamtmann Wilhelm
Bertsch. Halle und Kaffeehaus sind
durch einen einstöckigen Verbindungsgang
zusammengezogen.
Man wird gezwungen, sich von der Wirkung
dieser künstlerischen Gruppierung Rechenschaft
zu geben. Es ist mehr Hof als Platz.
Sicher ist hier eine Assimilierung von Hof
und Platz vollzogen. Man wird an den Hof
einer fürstlichen Residenz erinnert, — freilich
nicht durch die Formen, sondern durch den
Geist. Das Gefühl des Umfriedetseins beherrscht
uns mit aller vornehmen Festlichkeit.
Wie modernes, durchaus zweckmäßiges
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