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«5-4^> DIE AUSSTELLUNG ALS KÜNSTLERISCHES GANZES
WILHELM BERTSCH « LAUBGANG TERRAKOTTA-FIGUREN VON JOSEPH WACKERLE
Geradedieser Bau— schon wegen seinervielfachen
„angewandten" Malerei eineganzbedeu-
tende Stätte neuer Kunst — wird einzeln genau zu
betrachten sein. Zum Bau — wie zum Gesamtbild
der Ausstellung gehört aber in gleicher
Weise der Platz vor Restaurationsbau und Park.
Wie hier durch Baumstellungen, durch Anordnung
großer plastischer Schöpfungen, durch
Wasserbecken und Spaliere wiederum aller
Gefahr prätentiöser Hohlheit begegnet wurde,
das ist nicht anders als meisterlich. Und das
Vorbild — doch auch ein Ausstellungsobjekt
— wird um so mehr Wirkung üben,
als es in seiner Anwendung auf anderen Ausstellungen
wie in anderen Stadtbildern eine ganz
herzlich begrüßte Erlösung von alter langweiliger
Tradition bedeutet.
Und wenn ich auch ganz und gar nicht
Hildebrands „Problem der Form" für irgendwie
alleingültige Richtschnur bildhauerischen
Schaffens ansehen kann hier hat Hildebrands
Meisterwerk „Der Wittelsbacherbrunnen
" am Lenbachplatz in München denkbar
bestes Beispiel gegeben.
Wie wundervoll dienen die Figuren hier
dem Prinzip vo rnehm er Raumges tal tung,
wie lassen sie uns hassen die bisherige Tendenz
, durch Weitläufigkeit und weite Endlosigkeiten
und prahlerisches Hervortreten, durch
eine Prostitution einzelner Bauteile auf Ausstellungen
zu wirken. Nur etwas mehr Geschlossenheit
wäre dem großen plastischen
Bilde zu wünschen. Kann man doch nur von
derTerrasse des Hauptrestaurants aus das Ganze
klar überschauen.
Das Hauptrestaurationsgebäude schließt die
Schmalseite des Parkes, der hinterderRuhmeshalle
der Bavaria liegt, ab. Der Park ist
also das Herz, die eigentliche Erholungslunge
der Ausstellung, und wo immer er für alle
Teile der Ausstellung dekorativ in den
Dienst gestellt wird, gibt er sich fein und
künstlerisch als das zu erkennen, was Natur
immer ist, eine Stätte der Erholung.
Auch Bauamtmann Schachner hat in
dem Vergnügungspark die neue Tendenz mit
denkbar großem Geschick verfolgt. Freilich
sehen wir hier nicht so traulich festliche Höfe
wie im anderen Hauptteil. Das macht der Zweck
der Vergnügungsbauten unmöglich. Aber man
beachte, wie hieralle Langweiligkeit der Straße
vermieden wurde, wie sich die Bauten überschneiden
, bildartig ineinanderschieben — und
das Resultat wird auch hier künstlerischer
Genuß und weittragende Anregung sein.
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