http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_18_1908/0485
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KARL EBBINGHAUS-MÜNCHEN
KALKSTEIN-FIGUREN IM AUSSTELLUNGSPARK
Durchbildung des einzelnen von einer sehr
großen Unmittelbarkeit und Frische, und man
fühlt das direkte Naturerlebnis stärker als etwa
bei Bleecker. Gegenüber diesem hohen, rein
bildhauerischen Vorzug tritt das übrige etwas
zurück: die Komposition ist im ganzen nicht
sehr glücklich, der Kopf der Frau erscheint
zu groß, und die Verbindung des Tieres mit
dem Postament ist wenig eng, so daß man die
Gruppe sozusagen mit den Augen vom Felsen
abheben kann. Und abgesehen davon ist die
Atmosphäre des Steinbildes nicht so vornehm
und poetisch, wie etwa die der Bleecker-
schen Gruppe. Es liegt eine — im einzelnen
schwer zu fassende — Art von „individueller"
Empfindung in dem Werke, die sich in dem
Ganzen zu sehr aufdrängt.
Die beiden größten Gruppen, die die ganze
Anlage außen abschließen, sind zugleich auch
die problematischsten. Die „Phantasie" von
Karl Ebbinghaus nimmt auf den ersten Blick
stark für sich ein durch das sehr frische dekorative
Temperament der Komposition und durch
die glänzende Darstellung. Nähere Betrachtung
jedoch enthüllt verschiedene Schwächen.
Die Haltung der Frau auf dem Pferd überzeugt
, namentlich wenn man die Gruppe von
der Mitte der ganzen Anlage aus betrachtet,
gegenständlich sehr wenig: man hat Angst,
daß sie im nächsten Augenblick herunterfällt;
und damit im Zusammenhang erscheint die
Einheit im Stein so sehr gelockert, daß beinahe
zwei vollständige Steinfiguren aneinander
geklebt zu sein scheinen. — Vielleicht ist
hier Ebbinghaus an der Absicht gescheitert,
für das träumende Reiten der „Phantasie"
einen gegenständlich möglichst überzeugenden
Ausdruck zu finden.
Die andere Gruppe, „die Kraft", von
Fritz Behn ist unzweifelhaft ein sehr glücklicher
Wurf in vieler Hinsicht. Der Zusammenhalt
der ganzen Gruppe im Stein ist äußerst
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