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-^ö> VON AUSSTELLUNGEN — PERSONAL-NACHRICHTEN <^=^
F. VON REZNICEK, f 11. Mai 1909
Phot. Atelier Veritas, München
Eugene Bur-
nand, macht
Hirschler bekannt
. Die
Originalzeichnungen
zu denGleich-
nissen des
Evangeliums,
als »Les Para-
boles« kürzlich
in Paris
erschienen,
sind in einer
nur leise getönten
Kreidetechnik
aus-
geführt,ernst-
hafte Illustrationen
, ohne
sich durch
den Text und
durch Treue
des Kostü-
mes beengen
zu lassen;
auch die
Landschaften
in ihrer biblisch
beruhigten Stimmung sind schöne Zeugnisse
für die ausgeglichene Künstlerschaft Burnands. —
Im Salon Pisko hat Artur Halmi eine ausgiebige
Kollektion seiner Gemälde und seine für die »Jugend«
gelieferten Beiträge ausgestellt. Man wird über den
Entwicklungsgang dieses ungarischen Künstlers
unterrichtet, der von Munkacsy ausgegangen ist und
im Münchener und Pariser Freilicht einem unaufdringlichen
Realismus huldigte, wie die »heimkehrenden
Rompilger«; und die frische Szene >beim Friseur«
es dartun. Jetzt ist Halmi dabei angelangt, allüberall
, wo man auf Eleganz und gefällige malerische
Auffassung hält, ein gesuchter Porträtist zu sein. —
Man braucht nicht auf die retrospektiven Moden eingeschworen
zu sein, um an den Altwiener Sittenbildern
höchsten Gefallen zu finden. Es sind seltene
Stücke, die jetzt bei Miethke, hiesigem Privatbesitz
entliehen, zu einer schönen Galerie vereinigt
wurden. Hauptmeister ist hier Waldmüller
(»Petersdorfer Kirchtag«, >Der Kuß« u. a. m.) und
neben ihm Danhauser, dessen »Liszt am Klavier«
die Porträts der zeitgenössischen Pariser Musik-
und Literaturwelt vereinigt; seine »Verlassene
trauert an einem Meeresstrand, der im Hintergrund
das Kastell von Korfu und die gegenüberliegende
Küste deutlich erkennen läßt. Durch das figurale
Element ist Schwinds Frühwerk >Der Spaziergang«
interessant. Fendi, Ranftl, der Soldatenmaler Carl
Schindler (die robuste, aber dabei feinfühlige Malerei
des »Rekruten« steht den modernen Bestrebungen
nahe) erscheinen neben Malern, die mehr durch
das Stoffliche ihrer Schilderungen fesseln wie Eduard
Ritter, Wilhelm Richter und Josef Mannsfeld,
dem übrigens in dem »Kriegsrat im Jahre 1848« ein
Interieurstück vom Range der besten holländischen
Kleinmeister gelungen ist. k.
W/'IEN. Die anläßlich der 35. Jahresausstellung im
" Künstlerhaus zur Verteilung gelangenden drei
goldenen Medaillen wurden zuerkannt: den Malern
Nikolaus Schattenstein für sein Gemälde »Porträt
der Frau Raoul-Auernheimer«, Heinrich Tomec
für sein Gemälde »Habsburgwarte« und Prof. F. Kallmorgen
für »Stürmischer Abend an der Zuydersee«.
PERSONAL-NACHRICHTEN
IV/l ANNHEIM. Zum Direktor der städtischen Künstle
* Sammlung ist Dr. Wichert, bisher Assistent
am Staedel'schen Kunstinstitut in Frankfurt a. M.,
ernannt worden.
Ti/I ÜNCHEN. Der Bildhauer Erwin Kurz istnun-
mehr in etatsmäßiger Eigenschaft zum Professor
der Akademie der Künste hier ernannt worden.
|\yl ÜNCHEN. Wenngleich die amtliche Bestätigung
^* noch aussteht, so steht nunmehr doch fest, daß
Geheimrat von Tschudi als Nachfolger Rebers die
Leitung der Münchner Zentralgemäldedirektion übernimmt
, und zwar sicherem Vernehmen nach schon
am 1. September 1909. Die Genugtuung, Tschudi gewonnen
zu haben, ist in den fortschrittlichen Kunstkreisen
Münchens eine große, und man knüpft große
Erwartungen an die Tätigkeit des Mannes, der sich
in Berlin als Organisator so glänzend bewährt hat.
— Als Nachfolger Tschudis in Berlin wird in erster
Linie Professor Dr. L. Justi, Mitglied des Senats
und erster ständiger Sekretär der Kgl. Akademie
der Künste in Berlin, genannt, dann auch wieder
Anton von Werner.
]\/TÜNCHEN. Am IL Mai starb Ferdinand Frei-
herr von Reznicek, der populäre Mitarbeiter
des »Simplicissimus«, noch nicht 41 Jahre alt, an
den Folgen einer Magenoperation. Reznicek, ein
geborener Wiener, hatte seine künstlerische Ausbildung
an der Münchner Akademie erhalten, malte
aber nur ganz wenige Gemälde, sondern wandte sich
schon sehr früh der Illustrationskunst zu. Als der
»Simplicissimus« vor etwa vierzehn Jahren zu erscheinen
anfing, war Reznicek von der ersten Nummer
an dabei, und abgesehen von gelegentlichen
Seitensprüngen zu den »Fliegenden Blättern« und
der »Jugend« blieb er dem Langenschen Blatte bis
zuletzt treu und trug wesentlich zur Bestimmung
seines Charakters bei. Man kann sich den »Simplicissimus
« ohne Reznicek eigentlich kaum vorstellen.
Als Künstler ist Reznicek wohl nicht allzu hoch zu
werten. Große Leichtigkeit des Strichs, Geschicktheit
der Komposition und wohlorganisierter Farbensinn
können ihm nicht abgesprochen werden, dagegen ist
seine Kunst innerlich ziemlich leer, in ihrer tendenziösen
Absichtlichkeit, »pikant« zu wirken, verstimmend
, manchmal beinahe salopp in der Zeichnung
und häufig durch Wiederholung der Motive ermüdend.
Wählt man aber etwa fünfzig oder hundert Arbeiten
unter den mehr als tausend des Künstlers aus, so
wird man daran sicher seine Freude haben und auch
ein streng-kritischer Sammler wird diese wohl ausgesuchten
Blätter gerne in seine Sammlung legen.
Man findet die wertvolleren Zeichnungen Rezniceks
besonders in seinen früheren Sammelwerken »Sie«
und »Galante Welt«, doch ist auch in seinem letzten
Arbeitsjahr ein reizvoller Bilderzyklus entstanden,
der die elegante, schicke Kunst Rezniceks, seine
karnevalistische Lebensfreude, im besten Lichte
zeigt: es ist die Serie, die den Titel trägt: »Ein Tag
aus dem Leben einer Weltdame«. g. j. w.
A/l ÜNCHEN. Am 10. Mai ist der Maler Professor
Ludwig Thiersch im Alter von 84 Jahren gestorben
. Zuerst Bildhauer unter Schwanthaler,
wandte er sich nach kurzer Zeit der Malerei zu;
Schnorr v. Carolsfeld, H. Heß und Schorn waren
seine Lehrer. Im besonderen war er auf dem Gebiet
der kirchlichen Malerei tätig, aber auch als
Genre- und Porträtmaler hat er sich einen geachteten
Namen gemacht.
Redaktionsschluß: 11. Mai 1909
Herausgeber: F.Schwärt z. Fürdie Redaktion verantwortlich : P. Kirchgraber.
Sämtlich in München
Ausgabe: 27. Mai 1909
Druck und Verlag von F. Bruckmann A.-G.
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