Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 23. Band.1910
Seite: 22
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VON AUSSTELLUNGEN

Mutatis mutandis kann man an Hans von Marees denken
. Das positive Resultat ist bei Gauguin eine Kreuzung
indianischer Kunst mit einem Dekadententum
ä la Toulouse-Lautrec. Der naturvölkische Kunststil
mischt sich mit der Flächenhaftigkeit moderner
Plakate. Kein Ton, keine Tiefe, keine Perspektive,
Motivlosigkeit, Buntheit, harte, prägnante Konturen
- das sind die ersten Eindrücke. Aber man wird
einsehen müssen, daß ein Künstler, dessen absolutes
Können außer Frage steht, und dessen unbedingte Ehrlichkeit
niemand bezweifeln kann, zu solchem gänzlichen
Verzicht auf äußere Wohlgestalt, zu solcher Verachtung
malerischer Routine, sich doch mit guter Absicht
hat entschließen müssen. Seine Absicht aber war
die: kraftvolle Visionen exotischer Farbigkeit zu geben
, nichts weiter als ein resolut vereinfachtes, durch
ein empfindsames Künstlerauge gesehenes Abbild
einer Traumwelt, die ihm die Sonne der Südsee vorgegaukelt
. Darin sah er das Evangelium für die moderne
Kunst, davon erwartete er für den resoluten
Kolorismus neue Wege. Das aber, was er uns als
Ergebnisse dieser Absicht zeigen konnte, sind eben
Ansätze geblieben, Versprechungen, die er nicht erfüllen
konnte und die vielleicht keiner erfüllen kann.

G.J. W.

VÜRICH. Im neuen Zürcher Kunsthaus hat die
" Eröffnungsausstellung der X. Nationalen Kunst-

f. von stuck

ausstellung der Schweiz Platz gemacht, die einen vorzüglichen
Einblick gewährt in die mannigfaltigen
Bestrebungen im schweizerischen Kunstgebiete. Daß
dieses längst seine eigenen bestimmten Ziele und
Potenzen besitzt, daran wird wohl keiner zu zweifeln
wagen, dem die Kunst eines Hodler, Amiet und
Giacometti oder auch eines Burnand und Albert
Welti geläufig ist die gegenwärtige Nationale Ausstellung
die erste ihrer Art in Zürich führt
nun außerdem den Beweis, daß diesen Zielen und
Potenzen teilweise wenigstens Resultate gegenüberstehen
, die eine durchaus individuelle Physiognomie,
eine ganz respektable Höhe künstlerischer Kraft
und Vollendung zeigen. In erster Linie betrifft dies
naturgemäß die Malerei, der ein größter Spielraum
die mannigfaltigsten Strömungen ermöglicht. Aber
auch die Bildhauerei mitRoDO von Niederhäusern
und Carl Angst in Paris und den in München
seßhaften August Heer, Walter Mettler, Hugo
Siegwart und Eduard Zimmermann an der Spitze,
liefert originelle Werte, von den graphischen Künsten
und der Glasmalerei, in denen die Schweiz von
jeher Bestes produzierte, gar nicht zu reden.
Ferdinand Hodler, Cuno Amiet und Giovanni
Giacometti nannten wir bereits. Sie sind alle drei
mit Werken ersten Ranges vertreten. Hodler vor
allem mit einer Zweitauflage seines Holzhauers,
Amiet mit einem farbensprühenden
Garten und Giacometti mit einem
blühenden „Etä d'oro". Zeichnerisch
vollendete, plastische Akte führt
Alexandre Blanchet in Paris, die
trauernden Jünger Christi, sowie
42 hervorragende Zeichnungen mit
Motiven aus dem Evangelium Eugene
Burnand (Paris), einen figurenreichen
, belebten Entwurf für ein
Freskobild im Ständeratssaal zu Bern
Albert Welti vor. Hell und großzügig
präsentieren sich einige Landschaften
des Walliser Triumvirats
Ernest Bieler Raphy Dal-
leves - Eduard Bille, und mit
einem wundervollen Friedhof produziert
sich Eduard Vallet in Genf.
An die japanische Lackmalerei erinnert
ein höchst originelles „Adam
und Eva"-Bild des Augusto Giacometti
in Florenz, während zwei sonnige
Stücke Gottardo Segantinis
in Rom deutlich den Einfluß seines
großen Vaters verraten. Als feine
Landschafter weisen sich der Genfer
Georges Guibentif, die Basler
Paul Barth, Paul Burckhardt
und Carl Theodor Meyer und
Wilhelm Lehmann in Davos-Dorf
aus, indes der in Berlin wohnhafte
Fritz Burger mit einem farbigen
„Knaben zu Pferd", Fritz Osswald
in München mit zwei äußerst lebendigen
Hafenimpressionen, Adolf
Thomann mit einer frischen Zirkusstudie
aufwartet. Zum Schlüsse sei
noch auf die musizierenden Handwerksburschen
und den famosen
Flötisten Ernst Würtenbergers,
sowie auf eine festlich geschmückte
Wiese Otto Wylers hingewiesen.

Dr. S. Markus

aktzeichnung

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