http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_23_1911/0174
VON AUSSTELLUNGEN
Ol'
PAUL ROSSLER
STUDIE ZU EINEM FRESKO
Erste Ausstellung der Känstlervereinigung Dresden
mit Hilfe der körperlichen Farben, die Goethe
und Runge zur Grundlage ihrer Dreifarben-
Theorien genommen hatten; sie beruht auf
der optischen, oder, wie man sagt, additiven
Mischung, weil sich hier zwei oder mehr farbige
Lichter zu einer neuen Farbe addieren
(die Addition bedeutet dabei stets eine Lichtsteigerung
!), während nach dem anderen System
sich die Farben gegenseitig aufheben oder,
wie man sagt, subtraktiv gemischt werden
(die sog. Lasur des Malers bewirkt stets eine
Lichtverminderung!).
Die Photographie in natürlichen Farben ist
der letzte Triumph der richtigen Erkenntnis
der Gesetze des physiologischen Farbensehens,
einer Wissenschaft, die in den hundert Jahren,
seit Goethe diese Gesetze zuerst beschrieben,
sich immer mehr entwickelte und bis zur
heutigen Vollkommenheit herausgebildet hat.
VON AUSSTELLUNGEN
A MSTERDAM. Im Städtischen Museum hat die
„Vereeniging tot het vormen van eene Openbare
Verzameling van Hedendaagsche Kunst te Amsterdam
" für die Monate September und Oktober eine
Ausstellung von modernen Gemälden und Aquarellen
aus dem Besitz ihrer Mitglieder veranstaltet.
Von den Holländern wären an erster Stelle die drei
Brüder Maris zu nennen. Jacob ist mit zwölf
Werken vertreten, darunter befindet sich sein prachtvolles
farbensattes Bild „Die Brücke" und eine
kleine Strandansicht, aus der die stille dunstige
Nordseeluft uns anweht. Matthijs' „Männerkopf"
zeigt scharfe Charakterisierung, aber das Hauptmerkmal
dieses Künstlers, seine Märchenpoesie,
kommt nicht zur Geltung. Dagegen kann sich der
Beschauer an den vielen Gemälden des Willem,
so an den „Kühen auf der Weide" und dem „Entenpfuhl
" an seiner sonnendurchleuchteten Nebelluft
von Herzen erfreuen. Von Mauve sieht man
seine graugetönten Bilder. Weissenbruch, der
mitunter stark an Jacob van Ruisdael denken
läßt, ist mit einem Landweg sehr gut vertreten.
Endlich seien aus dieser Schule eine Stadtansicht
von Breitner erwähnt und vier Gemälde von dem
Altmeister Jozef Israels, die für das tiefe Gemüt
dieses Seelenmalers Zeugnis ablegen. Unter den
Franzosen nimmt den ersten Platz ein auf Rot und
Gelb gestimmtes Bukett bunter Astern vor grauer
Wand von Fantin-Latour ein. Ganz eigenartig
wirkt von Daubigny das tiefblaue Meer mit der
grellroten Scheibe der untergehenden Sonne. Und
in einer „Rast unter den Apfelbäumen" tritt uns
der freundliche Maler sonniger Sommertage Corot
entgegen. Das ist natürlich nur eine kleine Auslese
der 126 ausgestellten Werke von 43 Meistern.
Aber ich glaube sie gibt dem Leser einen Begriff
von den tiefen künstlerischen Eindrücken, die im
Besucher beim Durchwandern der Räume hervorgerufen
werden. Eine besondere Bedeutung gewinnt
die Ausstellung durch den Umstand, daß sie
veranstaltet ist, um die letzten 10000 fl. eines
100000 Gulden-Fonds einzubringen. Mit diesem
Gelde sollen für die Geschichte der holländischen
Malerei wichtige Werke erworben werden.
Kurt Erasmus
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