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ROSALBA CARRIERA
(1675-1757)
BILDNIS DER GRÄFIN
WILCZEK-(DETTINGEN
»x»
»X«
DIE KUNST DER FRAU
ZUR AUSSTELLUNG IN DER WIENER SECESSION
Von Karl M. Kuzmany
Es ist eine „Vereinigung bildender Künstlerinnen
Oesterreichs", der man diese,
auf deutschem Boden wohl noch nirgends
derart umfänglich gewagte Ausstellung verdankt
. Sie umfängt ja nicht allein die jener
neu gegründeten Gemeinschaft landschaftlich
Nahestehenden, sondern geht über sie zu
einer alle Kulturvölker umfassenden Kollegialität
hinaus und schließt die Mitlebenden
an die Meisterinnen verflossener Jahrhunderte.
Die Ausstellung könnte sich also füglich auch
eine internationale und retrospektive nennen,
aber „die Kunst der Frau" klingt bündig und
einprägsam. Wie der Titel ist dann auch der
Inhalt, sorgsam und knapp gewählt.
Doch all die Anstrengungen, deren Ergebnis
hier vorerst nur ganz beiläufig verzeichnet
wurde, bedurften noch eines festen Rückhalts
und eines gefestigten Bodens, um wirksam
zutage treten zu können. Daß die Wiener
Secession, indem sie der neugegründeten und
geflissentlich verwandt getauften Vereinigung
das eigene Haus zur Verfügung stellte, ihr
eine Heimstätte bot, darin ist ein gut Stück
ermutigender Anerkennung inbegriffen. Das
hiemit den bildenden Künstlerinnen eingeräumte
Gastrecht, dessen sie noch nirgends in
solchem Umfang teilhaft geworden, gesteht
ihnen damit gewissermaßen auch die Ebenbürtigkeit
zu. An Gelegenheiten zum Ausweis
ihrer Tätigkeit hat es den Künstlerinnen
bisher nicht gefehlt, denn es hat sich ihnen
niemand verschlossen, und auch „unter sich"
sind sie schon des öfteren, als kleinere ausschließliche
Gruppen, in unseren Kunstsalons
bemerklich geworden, und das mit lebhaftem
Die Kunst ftlr Alle XXVI. 9. 1. Februar 1911
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