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PETER BEHRENS-NEUBABELSBERG BEI BERLIN □ SILBERNE BOWLEN
Ausführung: Silberwarenfabrik P. Bruckmann & Söhne, Heilbronn
Von dieser eigentümlichen, fast zärtlichen Empfindung
, die sich aus der schönen Form, dem
edeln Metall und dem Spiel der kleinen farbigen
Steine mitteilt, können die Abbildungen
nichts sagen; dieses Materialgefühl ist eine in
Worten kaum anzudeutende geheime Spannung
des Unterbewußtseins. Doch zeigen diese
Bilder genug von dem Formwillen, der hier
arbeitet, der straff und fest und streng ist in
der Anlage, der nicht wahllos bildet, sondern
die Bildung aus einer Grundform und mit der
Logik der alten guten Technik entwickelt.
Dabei sind fast alle diese Männer frei von
jenem harten stilistischen Doktrinarismus, der
vor zehn Jahren alle Metallarbeit auf ein sprödes
geschweiftes Ornament festlegen wollte. Sie
wissen, welche reiche Möglichkeit eben dieses
Silber gewährt: getrieben, gehämmert, in der
großen Form, mit den Punzen oder dem Stichel
geschmückt, überarbeitet, im reizvollen Ornament
, in der Fläche, gebuckelt und durchbrochen
, schlank und fest im Guß, seltsam
leicht, fein und doch mit dem Akzent des
Harten im Gitterwerk des eckigen Drahts.
Das Prunkstück ist Hausteins Bowle, ein
weiter Kessel, reich ornamentiert, fest auf
dem Boden sitzend; in der Grundform und
dem kräftigen Schmuck der Ausdruck einer
großzügigen und festlichen Behaglichkeit. Dies
letzte Moment scheint mir den Bowlen von
Peter Behrens zu fehlen: wo Haustein festlich
ist, ist er feierlich, wo jener behaglich und
etwas laut, wird Behrens monumental und
weihevoll. Eine Schale von B. Wenig zeigt
archaisierende Motive; wie kräftig wirkt bei
ihm das Material, fest, einfach, und derselbe
Stoff gibt doch so völlig andere Art in dem
Geschirr von Böres oder den Vasen von Stock.
Böres bringt in einer Kassette, wie auch
Felger in seiner Dose und die übrigen gelegentlich
, viele farbige Steine an, Topas,
Turmalin und andere; dieser Aufnahme eines
alten Brauchs darf man sich recht freuen.
Fr. Adlers große Zuckerhut-Leuchter halte
ich in der Grundform für verunglückt; schade,
denn der Künstler ist ein erfindungsreicher
Ornamentiker, wie ja die Zeichnung seiner
Jardiniere offenbart. Böres behäbig reiches
Kaffee- und Teegeschirr braucht keinen Interpreten
: das ist ein sicheres Können. Zum
wertvollsten gehören die zahlreichen Arbeiten
von C. Stock. Seine Blumenvasen und -Schalen
sind geradezu entzückend, und neben den
Bechern, Schalen und Leuchtern lernt man
ihn auch als Plastiker schätzen. Der figürliche
Schmuck zweier Tafelaufsätze scheint
mir ein Muster zu sein, wie solche Kleinplastik
mit Gebrauchsstücken und edler Dekoration
verbunden werden soll.
Neben den Arbeiten dieser Künstler stehen
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